Ref. Ares(2020)1185568 - 25/02/2020
Ref. Ares(2022)76652 - 05/01/2022
Stellungnahme
zum Konsultationspapier der Europäischen Kommission
„Erste Phase der Konsultation der Sozialpartner gemäß Artikel 154 AEUV zu
einer möglichen Maßnahme zur Bewältigung der Herausforderungen im
Zusammenhang mit gerechten Mindestlöhnen“.
2 DSLV-Stellungnahme zur Konsultation der Europäischen Kommission der Sozialpartner
zu gerechten Mindestlöhnen in der EU
DSLV Bundesverband Spedition und Logistik e. V.
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24. Februar 2020
DSLV Bundesverband Spedition und Logistik e. V.
Stand: 24. Februar 2020
DSLV-Stellungnahme zur Konsultation der Europäischen Kommission der Sozialpartner
3
zu gerechten Mindestlöhnen in der EU
Präambel
Die in der Speditions- und Logistikbranche beschäftigten Arbeitnehmer haben ein Anrecht auf
faire und angemessene Arbeits- und Sozialbedingungen, die individualvertraglich oder durch
Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sozialpartnerschaftlich auszuhandeln sind. Der
DSLV Bundesverband Spedition und Logistik e. V. unterstützt die Bundesregierung und die Eu-
ropäische Kommission bei ihren grundsätzlichen Anstrengungen, sozialen Verwerfungen ent-
gegenzutreten und die Beschäftigten in der Europäischen Union (EU) bei der Bewältigung der
Herausforderungen durch Digitalisierung und demografischem Wandel zu unterstützen. Auch
wenn sich das Gehalts- und Lohnniveau der Beschäftigten in der Speditions- und Logistikbran-
che in Deutschland bereits größtenteils deutlich oberhalb des Mindestlohnniveaus bewegt,
sind staatliche Eingriffe in die Lohnfindung jedoch strikt abzulehnen und die Tarifautonomie
der Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften als Sozialpartner zu respektieren.
Im Detail
Eine Initiative auf EU-Ebene für europäische Regelungen zur Festlegung von Lohnuntergren-
zen ist weder angezeigt noch zielführend und aus verfassungsrechtlicher sowie ordnungspoli-
tischer Sicht abzulehnen. Sofern die Arbeits- und Sozialbedingungen der Beschäftigten in der
Speditions- und Logistikbranche nicht firmenindividuell ausgehandelt werden, gehört die
Lohnfindung nicht in die Hand des Staates oder der Europäischen Union, sondern in die Hände
der Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften als Sozialpartner. Nur diese können die regio-
nalen Gegebenheiten vor Ort einschätzen, berücksichtigen und entsprechend in den ausge-
handelten Arbeits- und Sozialbedingungen abbilden. Darüber hinaus differieren die Lohn- und
Tarifstrukturen nicht nur innerhalb Deutschlands aufgrund regionaler Besonderheiten, son-
dern auch innerhalb der Mitgliedstaaten der EU. Einige Mitgliedstaaten haben keine gesetzli-
che Lohnuntergrenze und unter den Ländern, die einen gesetzlichen Mindestlohn eingeführt
haben, variiert dessen Höhe stark. Eine europäische Regelung zu Lohnuntergrenzen kann da-
her die Diversität der nationalen Lohnfestsetzungssysteme und Arbeitsbeziehungen weder
berücksichtigen noch in der Höhe etwaiger Lohnuntergrenzen abbilden und würde somit zu
einem massiven Wettbewerbsnachteil für strukturschwache Regionen führen.
Lohnfindung ist nationale Aufgabe und hier insbesondere Aufgabe der Sozialpartner. Mit eu-
ropäischen Mindestlohnvorgaben würde die EU massiv in mitgliedstaatliche Kompetenzen
eingreifen. Der Vertrag über die Arbeitsweise der EU schließt in Art. 153 Abs. 5 explizit eine
Zuständigkeit der EU in Fragen des Arbeitsentgelts sowie des Koalitionsrechts aus.
Mögliche EU-Mindestlohnvorgaben stellen zudem einen massiven Eingriff in die verfassungs-
rechtlich (Art. 9 Abs. 3 GG) sowie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art.
28) verankerte Tarifautonomie dar. Demnach ist die Befugnis, dass die Arbeitgeberverbände
gemeinsam mit den Gewerkschaften die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten unabhängig
sozialpartnerschaftlich regeln, jeglicher staatlicher Einflussnahme entzogen. Staatlich verord-
nete Mindestlöhne schwächen die Stellung der Tarifvertragsparteien, verdrängen bestehende
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Stand: 24. Februar 2020
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zu gerechten Mindestlöhnen in der EU
Tarifverträge und führen zu einer dauerhaften staatlichen Einflussnahme auf das gesamte
Lohngefüge der Unternehmen der Branche.
Ein zentrales und EU-weites Mindestlohnregime würde ferner den Wettbewerb innerhalb der
Europäischen Gemeinschaft massiv einschränken und sich negativ auf den freien Warenver-
kehr auswirken. Die nach den derzeitigen nationalen Mindestlohnbestimmungen ohnehin
schon geltenden Dokumentationspflichten würden weiter verschärft. Die Unternehmen der
Speditions- und Logistikbranche werden mit zusätzlichen bürokratischen Belastungen und
Auftraggeber von Transportdienstleistungen mit schwer kontrollierbaren Haftungsverpflich-
tungen konfrontieren. Logistische Dienstleistungen würden in der Konsequenz weiter er-
schwert, verteuert und mit zusätzlichen administrativen Belastungen überzogen.
Fraglich ist darüber hinaus, ob mit einer europaweit zentralen Diktion eines bestimmten Min-
destlohnniveaus das beabsichtigte Ziel der Sicherung eines angemessenen Lebensstandards
für die Beschäftigten in Europa überhaupt erreicht werden kann oder diesem Ziel nicht zuwi-
derläuft und geringqualifizierten Beschäftigten, mit multiplen Vermittlungshemmnissen und
Langzeitarbeitslosen, den Zugang zum ersten Arbeitsmarkt erheblich erschwert oder sogar
ganz verwehrt bleibt. Denn nur ein nationales Mindestlohnniveau, das die wirtschaftliche Leis-
tungsfähigkeit des jeweiligen Mitgliedsstaats bzw. der jeweiligen Region berücksichtigt, eröff-
net Menschen mit Vermittlungshemmnissen eine dauerhafte Brücke in den ersten Arbeits-
markt.
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DSLV Bundesverband Spedition und Logistik e. V.
Stand: 24. Februar 2020
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zu gerechten Mindestlöhnen in der EU
Verbandsstruktur, Leistungsprofil und Leitlinien
Als Spitzen- und Bundesverband repräsentiert der DSLV durch 16 regionale Landesverbände
die verkehrsträgerübergreifenden Interessen von etwa 3.000 Speditions- und Logistikbetrie-
ben, die mit insgesamt 605.000 Beschäftigten und einem jährlichen Branchenumsatz in Höhe
von über 110 Milliarden Euro wesentlicher Teil der drittgrößten Branche Deutschlands sind.
Die Mitgliederstruktur des DSLV reicht von global agierenden Logistikkonzernen, 4PL- und 3PL-
Providern über inhabergeführte Speditionshäuser (KMU) mit eigenen LKW-Flotten sowie Be-
frachter von Binnenschiffen und Eisenbahnen bis hin zu See-, Luftfracht-, Zoll- und Lagerspe-
zialisten.
Speditionen fördern und stärken die funktionale Verknüpfung sämtlicher Verkehrsträger. Die
Verbandspolitik des DSLV wird deshalb maßgeblich durch die verkehrsträgerübergreifende
Organisations- und Steuerungsfunktion des Spediteurs bestimmt.
Der DSLV ist politisches Sprachrohr sowie zentraler Ansprechpartner für die Bundesregierung,
für die Institutionen von Bundestag und Bundesrat sowie für alle relevanten Bundesministe-
rien und -behörden im Gesetzgebungs- und Gesetzumsetzungsprozess, soweit die Logistik und
die Güterbeförderung betroffen sind.
Gemeinsam mit seinen Landesverbänden ist der DSLV Berater und Dienstleister für die Unter-
nehmen seiner Branche. Als Arbeitgeberverbände und Sozialpartner vertreten die DSLV-Lan-
desverbände die Branche in regionalen Tarifangelegenheiten.
Der DSLV ist Mitglied des Europäischen Verbands für Spedition, Transport, Logistik und Zoll-
dienstleistung (CLECAT), Brüssel, der Internationalen Föderation der Spediteurorganisationen
(FIATA), Zürich, sowie assoziiertes Mitglied der Internationalen Straßentransport-Union (IRU),
Genf. In diesen internationalen Netzwerken nimmt der DSLV auch Einfluss auf die Entwicklung
des EU-Rechts in Brüssel und Straßburg und auf internationale Übereinkommen der UN, der
WTO, der WCO, u. a.
Der DSLV unterstützt und fördert die Logistics Alliance Germany (LAG), ein öffentlich-privates
Partnerschaftsprojekt des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)
und der deutschen Logistikbranche, das den Logistikstandort Deutschland im Ausland ver-
marktet.
Die Mitgliedsunternehmen des DSLV fühlen sich den Zielen der Sozialen Marktwirtschaft und
der Europäischen Union verpflichtet.
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