Bundesrepublik Deutschland
Berlin, den 17. Februar 2017
Thomas Henze
Johannes Möller
Bevollmächtigte der Regierung
der Bundesrepublik Deutschland
Gerichtshof der Europäischen Union
ZUSTELLUNGEN
– Kanzlei –
Bevorzugt per e-Curia oder an:
2925 Luxemburg
Bundesministerium für
Wirtschaft und Energie
Per e-Curia
Referat EA5
Scharnhorststr. 34 - 37
10115 Berlin
Deutschland
Telefax: +49 30 18615 - 5334
Stellungnahme
In der Rechtssache C-557 /16
betreffend das dem Gerichtshof der Europäischen Union von dem
Korkein hallinto-oikeius (Finnland)
mit Beschluss vom 31.10.2016 vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen in dem dort anhängigen
Rechtsstreit
Astellas Pharma GmbH
gegen
Helm AG
und
Lääkealan turvallisuus- ja kehittämiskeskus (Fimea)
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nehmen wir namens und in Vollmacht der Regierung der Bundesrepublik Deutschland wie folgt Stel-
lung:
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– 3 –
Inhaltsverzeichnis
A. EINLEITUNG .................................................................................................................... 4
B. RECHTLICHER RAHMEN ................................................................................................ 4
I. Unionsrecht ................................................................................................................... 4
II. Recht der Bundesrepublik Deutschland ........................................................................ 6
C. SACHVERHALT UND VORLAGEFRAGE ........................................................................ 7
D. ERGÄNZENDER VORTRAG DER DEUTSCHEN REGIERUNG ZUM
SACHVERHALT UND ZUM VERSTÄNDNIS DES DEUTSCHEN RECHTS .......................... 8
E. RECHTLICHE WÜRDIGUNG ..........................................................................................10
I. Zur ersten Vorlagefrage: Bindungswirkung der Behördenentscheidung im
Referenzstaats hinsichtlich des Fristbeginns des Unterlagenschutzes .............................10
1. Vorbemerkung: Charakteristka des Verfahrens der gegenseitigen Anerkennung und
des dezentralisierten Verfahrens ................................................................................................ 11
2. Wortlaut der Art. 28 Abs. 5, 29 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 ............................................... 12
3. Sinn und Zweck der Art. 28 Abs. 5, 29 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 ..................................... 13
4. Kein anderes Ergebnis unter dem Gesichtspunkt der Garantie effektiven Rechtsschutzes ... 14
II. Zur zweiten Vorlagefrage: Keine gerichtliche Prüfungskompetenz über die
behördliche Kompetenz hinaus. .......................................................................................15
F. ERGEBNIS ......................................................................................................................15
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A. EINLEITUNG
1
Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist eine Genehmigung für das Inverkehrbringen
eines Generikums. Die Herstellerin des Referenzarzneimittels sieht durch diese Ge-
nehmigung ihr diesbezügliches Recht auf Unterlagenschutz verletzt.
2
Das vorlegende Gericht möchte im Wesentlichen wissen, ob im so genannten de-
zentralisierten Verfahren die Behörde, die über das Generikum entscheidet, hinsichtlich
des Beginns der Unterlagenschutzfrist an die Feststellungen derjenigen Behörde ge-
bunden ist, die das Referenzarzneimittel zugelassen hat. Als Alternative hierzu käme in
Betracht, dass die Entscheidung des Referenzstaates von den Behörden der anderen
Staaten eigenständig überprüft werden könnte.
3
Da das Referenzarzneimittel von der deutschen Arzneimittelbehörde zugelassen wur-
de, möchte die deutsche Regierung vorsorglich auf Missverständnisse hinweisen, auf
denen bestimmte im Ausgangsverfahren vorgebrachte Argumente zu beruhen schei-
nen. In der Sache vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Festlegungen
der über das Referenzarzneimittel entscheidenden Behörde über den Beginn der Un-
terlagenschutzfrist für die Behörden der anderen Mitgliedstaaten bindend sind.
B. RECHTLICHER RAHMEN
I. Unionsrecht
4
Art. 10 der
Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.
November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel1
(nachfolgend: Richtlinie 2001/83) lautet:
(1) Abweichend von Artikel 8 Absatz 3 Buchstabe i) und unbeschadet des
Rechts über den Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums
ist der Antragsteller nicht verpflichtet, die Ergebnisse der vorklinischen und
klinischen Versuche vorzulegen, wenn er nachweisen kann, dass es sich
bei dem Arzneimittel um ein Generikum eines Referenzarzneimittels han-
delt, das gemäß Artikel 6 seit mindestens acht Jahren in einem Mitglied-
staat oder in der Gemeinschaft genehmigt ist oder wurde.
Ein Generikum, das gemäß dieser Bestimmung genehmigt wurde, wird erst
nach Ablauf von zehn Jahren nach Erteilung der Erstgenehmigung für das
Referenzarzneimittel in Verkehr gebracht. […]
1 ABl. L 311, S. 67; geändert durch der Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 25. Oktober 2012, ABl. L 299, S. 1.
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(2) Im Sinne dieses Artikels bedeutet:
[…]
b) „Generikum“ : ein Arzneimittel, das die gleiche qualitative und quantitati-
ve Zusammensetzung aus Wirkstoffen und die gleiche Darreichungsform
wie das Referenzarzneimittel aufweist und dessen Bioäquivalenz mit dem
Referenzarzneimittel durch geeignete Bioverfügbarkeitsstudien nachgewie-
sen wurde. Die verschiedenen Salze, Ester, Ether, Isomere, Mischungen
von Isomeren, Komplexe oder Derivate eines Wirkstoffs gelten als ein und
derselbe Wirkstoff, es sei denn, ihre Eigenschaften unterscheiden sich er-
heblich hinsichtlich der Sicherheit und/oder Wirksamkeit. In diesem Fall
müssen vom Antragsteller ergänzende Daten vorgelegt werden, die die Si-
cherheit und/oder Wirksamkeit der verschiedenen Salze, Ester oder Deri-
vate eines zugelassenen Wirkstoffs belegen. Die verschiedenen oralen
Darreichungsformen mit sofortiger Wirkstofffreigabe gelten als ein und die-
selbe Darreichungsform. Dem Antragsteller können die Bioverfügbarkeits-
studien erlassen werden, wenn er nachweisen kann, dass das Generikum
die relevanten Kriterien erfüllt, die in den entsprechenden ausführlichen
Leitlinien festgelegt sind.
[…]
5
Art. 28 der Richtlinie 2001/83 bestimmt:
(1) Im Hinblick auf die Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbrin-
gen eines Arzneimittels in mehr als einem Mitgliedstaat reicht der Antrag-
steller einen auf einem identischen Dossier beruhenden Antrag in diesen
Mitgliedstaaten ein. Das Dossier enthält die in den Artikeln 8, 10, 10a, 10b,
10c und 11 genannten Informationen und Unterlagen. Die vorgelegten Un-
terlagen umfassen eine Liste der Mitgliedstaaten, auf die sich der Antrag
bezieht.
Der Antragsteller ersucht einen Mitgliedstaat, als „Referenzmitgliedstaat“ zu
fungieren und einen Beurteilungsbericht über das Arzneimittel gemäß den
Absätzen 2 und 3 zu erstellen.
[…]
(5) Jeder Mitgliedstaat, in dem ein Antrag gemäß Absatz 1 gestellt wurde,
trifft innerhalb von 30 Tagen nach Feststellung des Einverständnisses eine
Entscheidung in Übereinstimmung mit dem Beurteilungsbericht, der Zu-
sammenfassung der Merkmale des Arzneimittels, der Etikettierung und der
Packungsbeilage in ihrer genehmigten Form.
6
Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 lautet:
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– 6 –
(1) Kann ein Mitgliedstaat aus Gründen einer potenziellen schwerwiegen-
den Gefahr für die öffentliche Gesundheit innerhalb der in Artikel 28 Absatz
4 genannten Frist den Beurteilungsbericht, die Zusammenfassung der
Merkmale des Arzneimittels, die Etikettierung und die Packungsbeilage
nicht genehmigen, so übermittelt er dem Referenzmitgliedstaat, den übri-
gen betroffenen Mitgliedstaaten und dem Antragsteller eine ausführliche
Begründung. Die Punkte, über die unterschiedliche Auffassungen beste-
hen, sind der Koordinierungsgruppe unverzüglich mitzuteilen.
[…]
7
Art. 47 der EU-Grundrechtecharta bestimmt:
Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder
Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in die-
sem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksa-
men Rechtsbehelf einzulegen.
[…]
II. Recht der Bundesrepublik Deutschland
8
§ 105 Abs. 5a des deutschen
Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG)2 lautet:
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde kann die Verlängerung der Zulas-
sung nach Absatz 3 Satz 1 mit Auflagen verbinden. Auflagen können ne-
ben der Sicherstellung der in § 28 Abs. 2 genannten Anforderungen auch
die Gewährleistung von Anforderungen an die Qualität, Unbedenklichkeit
und Wirksamkeit zum Inhalt haben, es sei denn, dass wegen gravierender
Mängel der pharmazeutischen Qualität, der Wirksamkeit oder der Unbe-
denklichkeit Beanstandungen nach Absatz 5 mitgeteilt oder die Verlänge-
rung der Zulassung versagt werden muss. Satz 2 gilt entsprechend für die
Anforderung von Unterlagen nach § 23 Abs. 1 Nr. 1. Im Bescheid über die
Verlängerung ist anzugeben, ob der Auflage unverzüglich oder bis zu ei-
nem von der zuständigen Bundesoberbehörde festgelegten Zeitpunkt ent-
sprochen werden muss. Die Erfüllung der Auflagen ist der zuständigen
Bundesoberbehörde unter Beifügung einer eidesstattlichen Erklärung eines
unabhängigen Gegensachverständigen mitzuteilen, in der bestätigt wird,
dass die Qualität des Arzneimittels dem Stand der wissenschaftlichen Er-
kenntnisse entspricht. § 25 Abs. 5 Satz 5, 6 und 8 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 zweite Alternative gelten entsprechend. Die Sätze 1 bis 6 gelten ent-
sprechend für die Registrierung nach Absatz 3 Satz 1.
2 In der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), das durch Artikel 2
des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3048) geändert worden ist.
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– 7 –
C. SACHVERHALT UND VORLAGEFRAGE
9
Am 19. Juli 2005 genehmigte die dafür zuständige Behörde der Bundesrepublik
Deutschland, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (im Folgenden:
BfArM), auf Antrag der Astellas Pharma GmbH, der Klägerin des Ausgangsverfahrens,
das Arzneimittel Ribomustin im Verfahren nach § 105 Abs. 5a des deutschen Arznei-
mittelgesetzes (nachfolgend: AMG). Dieses Arzneimittel enthält den Wirkstoff
Bendamustin.
10
Am 15. Juli 2010 genehmigte die zuständige französische Behörde, die Agence
française de sécurité sanitaire des produits de santé, nunmehr Agence Nationale de
Sécurité du Médicament et des Produits de Santé (ANSM), ebenfalls auf Antrag der
Astellas Pharma GmbH das Arzneimittel Levact®. Auch dieses enthält den Wirkstoff
Bendamustin, wird jedoch in geringfügig anderer therapeutischer Indikation verwendet
als Ribomustin. Der Referenzmitgliedstaat war Deutschland, Finnland war beteiligter
Mitgliedstaat.
11
Am 7. November 2012 stellte die Helm AG in Dänemark einen Antrag auf Genehmi-
gung des Inverkehrbringens des Arzneimittels Alkybend, das den Wirkstoff
Bendamustinhydrochlorid enthält. Als Referenzarzneimittel gab die Helm AG das Arz-
neimittel Levact® an, wobei Alkybend zugleich als Generikum im Sinne von Art. 10
Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 bezeichnet wurde. Referenzmitgliedstaat war Dänemark.
Finnland und Norwegen waren die am dezentralisierten Verfahren beteiligten Mitglied-
staaten.
12
Während in den sonstigen am Verfahren beteiligen Staaten Levact® als Referenzarz-
neimittel angesehen wurde, stellte die dänische Arzneimittelbehörde am 17. Januar
2014 fest, dass Ribomustin als Referenzarzneimittel zu qualifizieren sei. Für Ribomus-
tin war die Unterlagenschutzfrist in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen sie sechs Jah-
re beträgt, abgelaufen. Daraufhin wurde der Helm AG die beantragte Genehmigung er-
teilt.
13
Aufgrund dieser dänischen Genehmigung erteilte die finnische Arzneimittelbehörde, die
Lääkealan turvallisuus- ja kehittämiskeskus (nachfolgend: Fimea), die Beklagte des
Ausgangsverfahrens, am 28. März 2014 der Helm AG die Genehmigung, Alkybend in
Finnland in Verkehr zu bringen.
14
Hiergegen erhob Astellas Pharma GmbH, die an dem Genehmigungsverfahren nicht
beteiligt war, Klage, die in erster Instanz abgewiesen wurde. Mit Beschluss vom
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31.10.2016 hat das sodann angerufene Rechtsmittelgericht das Verfahren ausgesetzt
und dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung
vorgelegt:
1. Sind Art. 28 Abs. 5 und Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Eu-
ropäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Gemein-
schaftskodexes für Humanarzneimittel dahin auszulegen, dass die zustän-
dige Behörde des beteiligten Mitgliedstaats bei der Erteilung der nationalen
Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Generikums im dezentrali-
sierten Genehmigungsverfahren gemäß Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie über
keine selbstständige Befugnis verfügt, den Zeitpunkt des Beginns der Un-
terlagenschutzfrist des Referenzarzneimittels zu prüfen?
2. Falls Frage 1 dahin zu beantworten ist, dass die zuständige Behörde des
Mitgliedstaats über keine selbstständige Befugnis verfügt, bei der Erteilung
der nationalen Genehmigung für das Inverkehrbringen den Zeitpunkt des
Beginns der Unterlagenschutzfrist des Referenzarzneimittels zu prüfen:
Muss ein Gericht dieses Mitgliedstaates dennoch auf den Wider-
spruch des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen
des Referenzarzneimittels hin den Zeitpunkt des Beginns der Unter-
lagenschutzfrist prüfen oder gilt für das Gericht die gleiche Be-
schränkung wie für die Behörde des Mitgliedstaats?
Wie wird beim fraglichen mitgliedstaatlichen Gericht in diesem Fall
das Recht des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen
des Referenzarzneimittels auf einen wirksamen Rechtsbehelf ge-
mäß Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
und Art. 10 der Richtlinie 2001/83 in Bezug auf den Unterlagen-
schutz gewahrt?
Umfasst der Rechtsbehelf betreffend das Recht auf einen wirksa-
men Rechtsschutz die Verpflichtung des mitgliedstaatlichen Ge-
richts, zu prüfen, ob die in anderen Mitgliedstaaten erteilte ur-
sprüngliche Genehmigung für das Inverkehrbringen im Einklang mit
den Vorschriften der Richtlinie 2001/83 ergangen ist?
D. ERGÄNZENDER VORTRAG DER DEUTSCHEN REGIERUNG ZUM
SACHVERHALT UND ZUM VERSTÄNDNIS DES DEUTSCHEN RECHTS
15
Vorsorglich möchte die deutsche Regierung zum Sachverhalt und insbesondere zum
Verständnis der Entscheidung der deutschen Arzneimittelbehörde (BfArM) Folgendes
ergänzen:
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16
Die Astellas Pharma GmbH hat wiederholt auch gegenüber Behörden und Gerichten
anderer Mitgliedstaaten die Auffassung vertreten, dass die Verlängerung der Zulas-
sung nach § 105 AMG (Nachzulassung), welche das BfArM im Jahr 2005 für das
Bendamustin-haltige Arzneimittel Ribomustin erteilte,
zum einen nie in Bestandskraft erwachsen sei und
zum anderen nicht unionsrechtskonform sei.
17
Ribomustin habe deshalb kein taugliches Referenzarzneimittel für generische Zulas-
sungen sein können. Dieser Darstellung möchte die deutsche Regierung in beiden
Punkten entschieden widersprechen.
18
Für die Bestimmung des Fristbeginns für den Unterlagenschutz bezüglich Bendamustin
kommt es zum einen auf das deutsche Verwaltungsrecht an, das einerseits eine teil-
weise Bestandskraft von Verwaltungsakten und andererseits die rechtlich isolierte An-
fechtung einzelner Teilversagungen oder Auflagen vorsieht. Zum anderen sind die be-
sonderen Regeln des deutschen Arzneimittelrechts zur Nachzulassung zu beachten,
die in § 105 Absatz 5a AMG eine Nachzulassung unter Auflagen unter anderem zur
Qualität ermöglichen.
19
Im Fall von Ribomustin sind lediglich die Teilversagung des Anwendungsgebietes
„Chronisch-lymphatische Leukämie“ sowie einzelne Auflagen zur pharmazeutischen
Qualität von Astellas angefochten worden. Die im Übrigen erteilte Nachzulassung mit
den Indikationen Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) und Multiples Myelom (MM) ist hinge-
gen bestandskräftig geworden und war wirksam, so dass insoweit die Nachzulassung
durch die Astellas Pharma GmbH für den Marktzugang unmittelbar genutzt werden
konnte.
20
Die Anordnung der Auflagen zur Qualität und ihre Anfechtung standen einer Bestands-
kraft der erteilten Verlängerung der Zulassung dabei ebenso wenig entgegen wie das
Unionsrecht. Eine nicht fristgerechte oder unterbliebene Erfüllung der Auflagen, die im
Übrigen ohnehin nur bei nicht gravierenden Mängeln angeordnet werden konnten,
wirkte sich allenfalls auf den späteren, weiteren Bestand der Nachzulassung aus, nicht
aber auf die unmittelbare Wirksamkeit und Bestandskraft der Nachzulassung für Ribo-
mustin. Die Unterlagenschutzfrist begann folglich nicht erst mit der Erfüllung der Aufla-
gen.
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21
Die im Vorabentscheidungsersuchen (Rn. 40) erwähnte Entscheidung des Verwal-
tungsgerichts Köln3 ist vom Oberverwaltungsgericht Münster durch Beschluss vom
02.08.20164 bestätigt worden und ist somit inzwischen rechtskräftig. Gegenstand die-
ses einstweiligen Verfahrens war die im Dezember 2015 durch das BfArM 2015 erteilte
generische Zulassung im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung eines in Däne-
mark bereits in einem dezentralen zugelassenen generischen Bendamustin-haltigen
Arzneimittels. Als Referenzarzneimittel waren auch hier die Arzneimittel „Ribomustin“
und „Levact®“ angegeben.
22
Das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt die Auffassung des BfArM als auch die
des Verwaltungsgerichts zur teilweisen Bestandskraft des Verlängerungsbescheides
nach § 105 AMG für Ribomustin für die Indikationen NHL und MM. Ebenso bestätigt
das Gericht – in Kenntnis der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in der
Sache „Olainfarm“ (C-104/13) - die Rechtsauffassung zum Umfang des Drittanfech-
tungsrechts. Dieses umfasse grundsätzlich nicht das Recht, Einwände gegen Art oder
Umfang der vom Zweitanmelder eingereichten Dokumentation zur pharmazeutischen
Qualität geltend zu machen oder die in § 105 Absatz 5a AMG vorgesehene Möglichkeit
einer Verlängerung mit Auflagen zur pharmazeutischen Qualität zu rügen. Das Drittan-
fechtungsrecht von Astellas beschränke sich auf die Geltendmachung, dass die Be-
zugnahme auf die Unterlagen zur Pharmakologie-Toxikologie und zur Klinik nicht zu-
lässig war, weil die zehnjährige Unterlagenschutzfrist nach § 24b AMG noch nicht ab-
gelaufen sei.
23
Keine der beiden Gerichtsentscheidungen trifft die Aussage, dass die Verlängerung mit
Auflagen, welche das BfArM nach § 105 Absatz 5a AMG für das Arzneimittel Ribomus-
tin im Jahr 2005 erteilt hat, wegen Verstößen gegen sonstige Rechtsnormen rechtswid-
rig wäre.
E. RECHTLICHE WÜRDIGUNG
I. Zur ersten Vorlagefrage: Bindungswirkung der Behördenentscheidung
im Referenzstaats hinsichtlich des Fristbeginns des Unterlagenschutzes
24
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die zuständige Be-
hörde des beteiligten Mitgliedstaates nach Art. 28 Abs. 5 und Art. 29 Abs. 1 der Richtli-
3 VG Köln, Beschluss vom 11.3.2016, 7 L 3011/15, juris.
4 OVG Münster, Beschluss vom 2.8.2016, 13 B 390/16, juris.
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nie 2001/83 im dezentralisierten Genehmigungsverfahren nach Art. 28 Abs. 3 der
Richtlinie über eine selbstständige Befugnis verfügt, den Zeitpunkt des Beginns der
Unterlagenschutzpflicht des Referenzarzneimittels zu prüfen, oder aber insoweit an die
Behörde des Referenzstaats gebunden ist.
25
Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die genannten Vorschriften dahin auszu-
legen sind, dass die zuständige Behörde unter den Umständen des Ausgangssachver-
halts hinsichtlich des Fristbeginns des Unterlagenschutzes an die Behördenentschei-
dung im Referenzstaat gebunden ist.
1. Vorbemerkung: Charakteristka des Verfahrens der gegenseitigen Anerken-
nung und des dezentralisierten Verfahrens
26
Das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und des dezentralisierten Verfahrens
ist in Art. 28 Richtlinie 2001/83 geregelt. Nach Art. 28 Abs. 1 reicht der Antragssteller
für das betreffende Arzneimittel einen Antrag bei denjenigen Mitgliedstaaten ein, in de-
nen er dieses in Verkehr zu bringen beabsichtigt. Dem Antrag sind Unterlagen beizufü-
gen, welche die in Art. 8, 10, 10a, 10b genannten Informationen zu dem betreffenden
Arzneimittel enthalten. Dabei ist der Antragsteller gemäß Art. 10 Abs. 1 – abweichend
von Art. 8 Abs. 3 lit. i und unbeschadet des Rechts über den Schutz des gewerblichen
und kommerziellen Eigentums –
nicht verpflichtet, die Ergebnisse der vorklinischen
und klinischen Versuche vorzulegen, wenn er nachweisen kann, dass es sich bei dem
Arzneimittel um ein Generikum eines Referenzarzneimittels handelt, das gemäß Art. 6
seit mindestens acht Jahren in einem Mitgliedstaat oder in der Gemeinschaft geneh-
migt ist oder wurde. Ein Generikum, das gemäß dieser Bestimmung genehmigt wurde,
wird erst nach Ablauf von zehn Jahren nach Erteilung der Erstgenehmigung für das
Referenzarzneimittel in Verkehr gebracht.
27
Gemäß Art. 28 Abs. 1 UAbs. 2 ersucht der Antragsteller dann, wenn er Anträge in
mehreren Mitgliedstaaten zu demselben Arzneimittel stellt, einen Mitgliedstaat als Re-
ferenzmitgliedstaat zu fungieren. Liegt noch keine Genehmigung für das Inverkehrbrin-
gen des Arzneimittels vor, ersucht der Antragsteller gemäß Art. 28 Abs. 3 den Refe-
renzmitgliedstaat, einen Entwurf des Beurteilungsberichts, einen Entwurf der Zusam-
menfassung der Merkmale des Arzneimittels und einen Entwurf der Etikettierung und
der Packungsbeilage zu erstellen. Liegt eine solche Genehmigung dagegen bereits
vor, erkennen die betroffenen Mitgliedstaaten die von dem Referenzmitgliedstaat erteil-
te Genehmigung für das Inverkehrbringen an.
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2. Wortlaut der Art. 28 Abs. 5, 29 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83
28
Gemäß Art. 28 Abs. 5 der Richtlinie 2001/83 trifft jeder Mitgliedstaat, in dem ein Antrag
auf Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Genehmigung für das
Inverkehrbringen des betroffenen Arzneimittels gestellt wurde, innerhalb von 30 Tagen
nach Feststellung des Einverständnisses eine Entscheidung in Übereinstimmung mit
dem Beurteilungsbericht, der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels, der
Etikettierung und der Packungsbeilage in ihrer genehmigten Form.
29
Nach Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 kann eine solche Anerkennung aus Grün-
den einer potenziell schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit versagt
werden. Hierzu hat der Gerichtshof festgestellt, dass dieser Grund einer schwerwie-
genden Gesundheitsgefahr
der einzige ist, aus dem die Anerkennung einer Genehmi-
gung zum Inverkehrbringen in einem anderen Mitgliedstaat verweigert werden darf.5
30
Der Wortlaut der genannten Vorschriften spricht dafür, dass von der zuständigen Be-
hörde im Rahmen der Anerkennungsverfahrens lediglich auf Grundlage der vorgeleg-
ten Dokumente eine inhaltliche Überprüfung der Informationen über das Arzneimittel
vorgenommen werden soll, damit die Behörde darüber befinden kann, ob das Inver-
kehrbringen des Arzneimittels in diesem Mitgliedstaat eine potenziell schwerwiegende
Gefahr für die öffentliche Gesundheit bedeutet, und aufgrund dessen eine Versagung
der Anerkennung ausgesprochen werden könnte. Dies spricht dafür, dass zwischen
den zu prüfenden Unterlagen, der Prüfungsfragestellung und dem Anerkennungsver-
sagungsgrund ein inhaltlicher Zusammenhang bestehen muss.
31
Damit ist nach dem Wortlaut der Richtlinie jedoch nicht die Überprüfung verbunden, ob
der Fristbeginn der Unterlagenschutzfrist korrekt ermittelt wurde – und insbesondere
nicht die Überprüfung, ob für diese Fragestellung das Referenzarzneimittel zutreffend
ermittelt wurde.
32
Denn eine Überprüfung der Unterlagenschutzfrist bezöge sich nur auf einen formalen
Aspekt der Arzneimittelgenehmigung, die Gegenstand des Anerkennungsverfahrens
ist. Auch dieser formale Aspekt steht in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem
im Rahmen der Anerkennungsprüfung allein maßgeblichen Prüfungspunkt einer
schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit.
5 Urteil vom 16. Oktober 2008,
Synthon, C-452/06, EU:C:2008:565, Rn. 28.
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– 13 –
33
Selbst wenn diese Prüfung aber mit den in Art. 28 Abs. 5 der Richtlinie genannten Un-
terlagen vorgenommen werden könnte, könnte sie doch offensichtlich nicht zur Fest-
stellung einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit durch die zu-
ständige Behörde führen.
3. Sinn und Zweck der Art. 28 Abs. 5, 29 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83
34
Dieses Ergebnis wird zusätzlich durch die teleologischen Erwägungen gestützt, die
sich aus der Richtlinie 2001/83 und der damit verbundenen Rechtsprechung des Ge-
richtshofes ergeben.
35
Zunächst zeigt Erwägungsgrund Nr. 14 der Richtlinie, dass die Richtlinie einen wichti-
gen Schritt auf dem Wege zur Verwirklichung des freien Verkehrs mit Arzneimitteln
darstellen soll. Nicht zuletzt dieser Zwecksetzung entnimmt der Gerichtshof die grund-
legende Wertung, dass mit der Richtlinie alle Hemmnisse für den freien Verkehr mit
Arzneimitteln in der Union abgebaut werden sollen.6
36
Dies wird durch Erwägungsgrund Nr. 12 S. 1 der Richtlinie bekräftigt, wonach allein
schwer wiegende Gründe der öffentlichen Gesundheit einem Mitgliedstaat die Möglich-
keit geben sollten, die Anerkennung einer durch einen anderen Mitgliedstaat erteilten
Genehmigung zu versagen.
37
Diese Auslegung wird darüber hinaus durch Erwägungsgrund Nr. 12 S. 2 der Richtlinie
gestützt, wonach lediglich bei Unstimmigkeiten zwischen mehreren Mitgliedstaaten
hinsichtlich der Qualität, der Sicherheit oder der Wirksamkeit eines Arzneimittels eine
wissenschaftliche Beurteilung der Angelegenheit erfolgen und eine die Mitgliedstaaten
bindende Klärung herbeigeführt werden soll. Die Bindungswirkung einer Entscheidung
durch die Behörde eines anderen Mitgliedstaates kann also nur durch Zweifel an den
genannten Eigenschaften des konkreten Arzneimittels gelockert werden.
38
Daraus ergibt sich jedoch zugleich, dass bei anderen als den genannten inhaltlichen
Eigenschaften die Verbindlichkeit der positiven Bewertung und der Entscheidung zum
Beginn des Unterlagenschutzes durch den berichterstattenden Mitgliedstaat bestehen
bleibt und es keine Möglichkeit gibt, diese Bindung nachträglich entfallen zu lassen.
39
Eine über Art. 28 Abs. 4, 29 Abs. 1 der Richtlinie hinausgehende Prüfungskompetenz
würde auch die praktische Wirksamkeit der Richtlinie entfallen lassen. Wie der Ge-
6 Urteil vom 16. Oktober 2008,
Synthon, C-452/06, EU:C:2008:565, Rn. 25.
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– 14 –
richtshof ausgeführt hat, würde die Anerkennung einer weiteren Prüfung des Geneh-
migungsantrags – und sei es auch nur einer teilweisen Prüfung – dem in der Richtlinie
vorgesehenen Verfahren der gegenseitigen Anerkennung „jeden Sinn nehmen“7. Eine
erweiterte Prüfungsbefugnis in Bezug auf die in der ersten Vorlagefrage genannten
Aspekte würde demnach eine erneute Prüfung eines Teils des Genehmigungsantrags
darstellen und wären damit ebenfalls geeignet, die Ziele des dezentralisierten Verfah-
rens zu vereiteln.
4. Kein anderes Ergebnis unter dem Gesichtspunkt der Garantie effektiven
Rechtsschutzes
40
Die Garantie effektiven Rechtsschutzes zu Gunsten des Inhabers einer bereits beste-
henden Genehmigung zwingt nicht zu einer anderen Auslegung, etwa einer Erweite-
rung der Prüfungskompetenz der zuständigen Behörde über Art. 29 Abs. 1 der Richtli-
nie 2001/83 hinaus.
41
Wie der Gerichtshof jedoch aus der Verbindung von Art. 10 der Richtlinie 2001/83 mit
Art. 47 der EU-Grundrechtecharta gefolgert hat, ist der Genehmigungsinhaber berech-
tigt, seine in Art. 10 der Richtlinie 2001/83 vorgesehenen Rechte geltend zu machen.8
42
Im Urteil Olainfarm entschied der Gerichtshof, dass der Inhaber der ursprünglichen
Genehmigung die Möglichkeit haben muss, „gegen die Entscheidung der zuständigen
Behörde, mit der eine Genehmigung für das Inverkehrbringen des Generikums erteilt
wurde, einen Rechtsbehelf einzulegen“9. Diese Möglichkeit besteht jedoch bereits in
demjenigen Mitgliedstaat, in welchem die Genehmigung dem Antragssteller zum ersten
Mal erteilt wurde. Eine weitere Rechtsschutzmöglichkeit fordert der Gerichtshof nicht.
43
Es ist unter dem Gesichtspunkt der Rechtsschutzgarantie nicht erforderlich, dass dem
Genehmigungsinhaber eine zusätzliche Rechtsbehelfsmöglichkeit in jedem einzelnen
betroffenen Mitgliedstaat eröffnet wird. Darauf würde die Eröffnung einer Prüfungsmög-
lichkeit durch die zuständige Behörde im betroffenen Mitgliedstaat jedoch faktisch hin-
auslaufen.
7 Urteil vom 16. Oktober 2008,
Synthon, C-452/06, EU:C:2008:565, Rn. 32.
8 Urteil vom 23. Oktober 2014,
Olainfarm, C-104/13, EU:C:2014:2316, Rn. 40.
9 Urteil vom 23. Oktober 2014,
Olainfarm, C-104/13, EU:C:2014:2316, Rn. 40.
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– 15 –
II. Zur zweiten Vorlagefrage: Keine gerichtliche Prüfungskompetenz über
die behördliche Kompetenz hinaus.
44
Da aus Sicht der Bundesregierung die erste Vorlagefrage zu verneinen ist, ist auch auf
die zweite Vorlagefrage zu antworten. Dabei möchte das vorlegende Gericht im We-
sentlichen wissen, wie bei Verneinung der selbstständigen Prüfungsbefugnis der zu-
ständigen Behörde im beteiligten Mitgliedstaat ebendort aus Sicht des Unionsrechts
der gerichtliche Schutz der Rechte der nicht am dezentralisierten Verfahren Beteiligten
ausgestaltet ist.
45
Wie sich aus dem zur ersten Vorlagefrage Gesagten ergibt, existiert auch vor dem Hin-
tergrund der Rechtsprechung des Gerichtshofes bereits in demjenigen Mitgliedstaat ei-
ne hinreichende Rechtsschutzmöglichkeit, in dem die Genehmigung des Inverkehr-
bringens erteilt wurde. Denn dort kann der Inhaber der ursprünglichen Genehmigung
im Wege einer Anfechtungsklage seine Rechte geltend machen. Vor diesem Hinter-
grund ist es nicht erforderlich, dass dem Inhaber der Ursprungsgenehmigung im jedem
betroffenen Mitgliedstaat weitergehender Rechtsschutz zukommt – sei es im Rahmen
des behördlichen Verfahrens oder einer gerichtlichen Überprüfung der behördlichen
Entscheidung.
46
Aus diesen Gründen sind die im Rahmen der zweiten Vorlagefrage gestellten Teilfra-
gen zu verneinen.
F. ERGEBNIS
47
Vor diesem Hintergrund ist die Vorlagefrage aus Sicht der Bundesregierung wie folgt
zu beantworten:
1. Art. 28 Abs. 5 und Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG sind dahin
auszulegen, dass die zuständige Behörde des beteiligten Mitgliedstaats bei
der Erteilung der nationalen Genehmigung für das Inverkehrbringen eines
Generikums im dezentralisierten Genehmigungsverfahren gemäß Art. 28
Abs. 3 der Richtlinie nicht über die selbständige Befugnis verfügt, den Zeit-
punkt des Beginns der Unterlagenschutzfrist des Referenzarzneimittels zu
prüfen.
2. Die Richtlinie 2001/83/EG ist dahin auszulegen, dass der Inhaber der
Genehmigung für das Inverkehrbringen des Referenzarzneimittels den
Schutz seiner Rechte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens in demjeni-
gen Mitgliedstaat zu suchen hat, dessen Behörde die Genehmigung für das
Inverkehrbringen des anderen Arzneimittels als Referenzstaat erteilt hat,
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