Ref. Ares(2020)7043344 - 24/11/2020
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 31.7.2019
C(2019) 5885 final
D-30171 Hannover
Deutschland
BESCHLUSS DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION NACH ARTIKEL 4 DER
DURCHFÜHRUNGSVORSCHRIFTEN ZU DER VERORDNUNG (EG) NR. 1049/20011
Ihr Zweitantrag auf Dokumenteneinsicht nach der Verordnung (EG)
Nr. 1049/2001 - GESTDEM 2019/2855
Sehr geehrter
ich nehme Bezug auf Ihre E-Mail vom 2. Juli 2019, die am selben Tag bei uns registriert
wurde und in der Sie nach Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über
den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates
und der Kommission2 (im Folgenden „Verordnung (EG) Nr. 1049/2001“) einen
Zweitantrag zu Ihrem Antrag auf Akteneinsicht stellen.
1.
GEGENSTAND IHRES ANTRAGS
Am 16. Mai 2019 stellten Sie einen Erstantrag auf Zugang zu Dokumenten im
Zusammenhang mit der Arbeit einer der nach Richtlinie 2014/26/EU3 gegründeten
Sachverständigengruppen. Konkret baten Sie darin um den „Zugang zu sämtlichen
Dokumenten [...], die im Zusammenhang mit der Arbeit der von einem Vertreter der
Kommission
geleiteten
Sachverständigengruppe
nach
Artikel 41
der
Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar
1
ABl. L 345 vom 29.12.2001, S. 94.
2
ABl. L 145 vom 31.5.2001, S. 43.
3
Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die
kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von
Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt (ABl. L 84
vom 20.3.2014, S. 72).
Commission européenne, 1049 Bruxelles/Europese Commissie, 1049 Brussel − BELGIQUE/BELGIË. Tel.: +32 229-91111.
http://ec.europa.eu/dgs/secretariat_general/
2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und
die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-
Nutzung im Binnenmarkt […] stehen“.
In Ihrem Erstantrag erklärten Sie Folgendes: „Sollte die Zahl der Dokumente
umfangreich sein, so kann der Antrag anhand folgender Kriterien beschränkt werden:
- Eine Übersicht der Tagungsordnungen der Sitzungen.
- Protokolle
der
Sitzungen
sowie
weitere
Dokumente
zu
solchen
Tagesordnungspunkten, die sich mit der Frage befassen, inwieweit durch das
Inkrafttreten der Richtlinie [2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und
verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte
an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt] das Ziel von mehr
Transparenz
und
einer
besseren
Beteiligung
der
Mitglieder
an
Entscheidungsfindungen der Organisationen erreicht oder [noch] nicht erreicht
wurde.
- Insbesondere sind Dokumente von Interesse, die sich mit der Wahrnehmung von
Rechten der Mitglieder mithilfe elektronischer Kommunikation befassen.“
Darüber hinaus baten Sie darum, die Dokumente in deutscher Sprache zu erhalten.
Ihr Antrag wurde der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien
zur Beantwortung zugewiesen.
Unter Ihren Erstantrag fallen nach Erkenntnis der Kommission 12 Dokumente.4 In ihrem
Erstbescheid vom 1. Juli 2019 gewährte die Generaldirektion Kommunikationsnetze,
Inhalte und Technologien Folgendes:
- uneingeschränkten Zugang zu zwei Dokumenten (Dokumente 3 und 10);5
- erweiterten teilweisen Zugang zu neun Dokumenten (Dokumente 1, 2, 4, 5, 7–9,
11 und 12); vorbehaltlich der Schwärzung personenbezogener Daten auf der
Grundlage der Ausnahmeregelung nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 (Schutz der Privatsphäre und der Integrität des
Einzelnen);
- teilweisen Zugang zu einem Dokument (Dokument 6). Die teilweise Ablehnung
stützte sich auf Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b (Schutz der Privatsphäre und der
Integrität des Einzelnen) sowie auf Artikel 4 Absatz 2 dritter Gedankenstrich
(Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten) der
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001.
In Ihrem Zweitantrag ersuchen Sie um Überprüfung dieses Standpunkts.
4 Die Liste der Dokumente mit Angabe ihrer Titel und Referenznummern wurde in der Antwort der
Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien vom 1. Juli 2019 vorgelegt.
5 Die Dokumente 3 und 10 sind im Register der Expertengruppen der Europäischen Kommission
öffentlich zugänglich:
http://ec.europa.eu/transparency/regexpert/index.cfm?do=groupDetail.groupDetail&groupID=36%2034&N
ewSearch=1&NewSearch=1&Lang=DE.
2
2.
PRÜFUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN IM RAHMEN DER VERORDNUNG (EG)
NR. 1049/2001
Bei der Prüfung eines nach der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 gestellten Zweitantrags
auf Dokumenteneinsicht überprüft das Generalsekretariat den Erstbescheid der
betreffenden Generaldirektion.
Nach Abschluss dieser Überprüfung kann ich Ihnen mitteilen, dass ein weiterer teilweiser
Zugang zu Dokument 6 gewährt wird. Nach Prüfung des Inhalts dieses Dokuments wird
der Zugang zu dem Teil, der zuvor auf der Grundlage der Ausnahmeregelung nach
Artikel 4
Absatz 2
dritter
Gedankenstrich
(Schutz
des
Zwecks
von
Untersuchungstätigkeiten) der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 zurückgehalten wurde,
nun gewährt.
Was die übrigen nicht freigegebenen Teile dieses Dokuments betrifft, d. h. die darin
enthaltenen personenbezogenen Daten, sowie diejenigen in den Dokumenten 1, 2, 4, 5,
7–9, 11 und 12, bestätige ich die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung nach Artikel 4
Absatz 1 Buchstabe b (Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen) der
genannten Verordnung.
2.1 Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen
Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) 1049/2001 verpflichtet die Organe,
„den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung […] der Schutz der
Privatsphäre
und
der
Integrität
des
Einzelnen,
insbesondere
gemäß
den
Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über den Schutz personenbezogener Daten,
beeinträchtigt würde“, zu verweigern.
Vorab möchte ich betonen, dass Dokumente, die gemäß der Verordnung (EG)
Nr. 1049/2001 verbreitet werden, in rechtlicher Hinsicht zu öffentlichen Dokumenten
werden. Im Einklang mit der Rechtsprechung des EU-Gerichtshofs6 darf das Organ‚ das
Dokumente gemäß der zuvor genannten Verordnung freigegeben hat, den Zugang nicht
verweigern, wenn andere Antragsteller um einen solchen Zugang ersuchen.
Entsprechend
der
Erläuterung
im
Erstbescheid
der
Generaldirektion
Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien hat der Gerichtshof in seinem Urteil in
der Rechtssache C-28/08 P
(Bavarian Lager)7 entschieden, dass die Verordnung (EG)
Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum
Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die
Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr8 (im
Folgenden „Verordnung (EG) Nr. 45/2001“) in vollem Umfang anwendbar wird, wenn
6
Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2010, Agapiou Joséphidès gegen Kommission und EACEA, T-
439/08, EU:T:2010:442, Rn. 116.
7 Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2010,
Europäische Kommission gegen The Bavarian Lager Co.
Ltd, C-28/08 P, EU:C:2010:378, Rn. 59 (im Folgenden „
Bavarian Lager“).
8 ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.
3
ein Antrag auf Zugang zu Dokumenten, die personenbezogene Daten enthalten, gestellt
wird.
Bitte beachten Sie, dass die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 mit Wirkung vom
11. Dezember 2018 durch die Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der
Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen
Stellen der Union und zum freien Datenverkehr aufgehoben wurde.9
Für die Auslegung der Verordnung (EU) 2018/1725 ist jedoch nach wie vor die
Rechtsprechung zu der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 maßgeblich.
Nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 sind personenbezogene Daten
„alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person
[…] beziehen“.
Die angeforderten Dokumente enthalten die Namen, Positionen, Kontaktdaten und
handschriftlichen Unterschriften von Bediensteten der Europäischen Kommission, die
keine Führungsposition innehaben. Sie enthalten auch Namen, Nachnamen und
Kontaktdaten Dritter (Vertreter der Ministerien der Mitgliedstaaten). Diese
Informationen stellen eindeutig personenbezogene Daten im Sinne von Artikel 3
Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 und im Sinne des Urteils in der Rechtssache
Bavarian Lager10 dar.
Nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2018/1725 „werden
personenbezogene Daten an in der Union niedergelassene Empfänger, die nicht Organe
oder Einrichtungen der Union sind, nur übermittelt, wenn […] der Empfänger nachweist,
dass die Übermittlung der Daten für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse
liegenden Zweck erforderlich ist, und der Verantwortliche in Fällen, in denen Gründe für
die Annahme vorliegen, dass die berechtigten Interessen der betroffenen Person
beeinträchtigt werden könnten, nachweist, dass die Übermittlung der personenbezogenen
Daten für diesen Zweck verhältnismäßig ist, nachdem er die unterschiedlichen
widerstreitenden Interessen nachweislich gegeneinander abgewogen hat.“
Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind und die Verarbeitung im Sinne des
Artikels 5
der
Verordnung
(EU)
2018/1725
rechtmäßig
ist,
dürfen
die
personenbezogenen Daten übermittelt werden.
Der Gerichtshof hat in der Rechtssache C-615/13 P (
ClientEarth) 11, entschieden, dass das
Organ die Notwendigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten nicht selbst prüfen
muss. Dies ergibt sich auch aus Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung
(EU) 2018/1725, wonach die Notwendigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten
vom Empfänger nachzuweisen ist.
9
ABl. L 205 vom 21.11.2018, S. 39.
10
Bavarian Lager, a.a.O., Rn. 70.
11 Urteil des Gerichtshofs vom 16. Juli 2015,
ClientEarth gegen Europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit, C-615/13 P, ECLI: EU:C:2015:489, Rn. 47.
4
Nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2018/1725 muss die
Europäische Kommission die weiteren Voraussetzungen für die rechtmäßige
Verarbeitung personenbezogener Daten nur dann prüfen, wenn die erste Voraussetzung
erfüllt ist, d. h. wenn der Empfänger nachgewiesen hat, dass die Übermittlung der Daten
für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erforderlich ist. Nur in
diesem Fall muss die Europäische Kommission prüfen, ob ein Grund für die Annahme
vorliegt, dass die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden
könnten, und falls dem so ist, die Verhältnismäßigkeit der Übermittlung der
personenbezogenen Daten für diesen Zweck nachweisen, nachdem sie die
unterschiedlichen widerstreitenden Interessen nachweislich gegeneinander abgewogen
hat.
In Ihrem Zweitantrag stellen Sie die Anwendbarkeit der zuvor genannten
Ausnahmeregelung auf die nicht freigegebenen Teile der Dokumente 1, 2, 4–9, 11 und
12 in Frage. Zwar bestreiten Sie nicht, dass die nicht freigegebenen Informationen
personenbezogene Daten darstellen (siehe oben), Sie weisen jedoch darauf hin, dass die
Europäische Kommission sie in diesem Fall freigeben und diese Praxis systematisch
anwenden sollte. In diesem Zusammenhang begründen Sie Ihre Auffassung ausführlich.
So machen Sie geltend, dass sich die zurückgehaltenen Teile der Dokumente „[...]
ausschließlich [auf] Amtsträger der [Europäischen] Kommission und der Behörden der
Mitgliedstaaten [beziehen]. Die Daten betreffen nicht etwa – wie in dem Schreiben der
[Europäischen] Kommission behauptet – die Privatsphäre der betreffenden
Amtspersonen;
vielmehr
handelt
es
sich
ausschließlich
um
[die]
Bürokommunikationsadresse der jeweiligen Dienststellen der Betroffenen. Die
Bekanntgabe derartiger Bürokommunikationsdaten beeinträchtigt regelmäßig nicht die
Privatsphäre von Amtsinhabern und anderen in öffentlicher Position tätige[n] Personen.“
Als Begründung führen Sie das „Informationsfreiheitsgesetz der Bundesrepublik
Deutschland (IFG)“ an, das „in seinem § 5 (Schutz personenbezogener Daten) folgende
Bestimmungen [enthält]: „(4) Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und
Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer von Bearbeitern
sind vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der
amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist.“
Sie betonen, dass „es sich zwar um nationale Reglungen in einem der
[Transparenzverordnung] (Nr. 1049/2001) der Union vergleichbaren Gesetz [handelt].
Da die Mitgliedsstaaten der Datenschutz-Grundverordnung unterliegen, müssen diese
[nationalen] Gesetze letztlich denselben Vorgaben [der Datenschutz-Grundverordnung]
hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre Dritter genügen [...] wie auch die Verordnung
(EG) Nr. 1049/2001, auf deren Bestimmungen sich die [Europäische] Kommission hier
beruft.“
Der deutsche Gesetzgeber hat die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht von
Bearbeitern und dem Informationsinteresse gründlich abgewogen und ist zu dem
Ergebnis gekommen, dass das Informationsinteresse in Bezug auf die genannten Daten
von Bearbeitern in den Dienststellen stets überwiegt. Dies ist auch insofern folgerichtig,
5
da es sich – wie bereits erwähnt – nicht um Daten handelt, die der Privatsphäre der
Betroffenen zuzurechnen sind. Es handelt sich ausschließlich um dienstliche
Kommunikationsnummern. Die Frage, inwieweit eine Bekanntgabe solcher Daten die
Privatsphäre beeinträchtigen soll, beantwortet das Schreiben der Kommission nicht.“
Ferner betonen Sie, dass „[...] Transparenzgesetze wie das [Informationsfreiheitsgesetz
der Bundesrepublik Deutschland] oder auch die Verordnung über den Zugang zu
Dokumenten der Organe der Union unter anderem den Zweck haben, Korruption zu
verhindern. Diesem [...] Zweck könnte die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 nicht
genügen, wenn die Namen, Dienstbezeichnungen und sonstigen dienstlichen Angaben
von Bearbeitern in der Regel vom Zugang ausgenommen wären. Auch aus diesem Grund
dürfte die Verordnung so auszulegen sein, dass Angaben zu amtlichen Bearbeitern sowie
deren dienstlichen Bürokommunikation nicht unter die zum Schutz der Privatsphäre
Dritter ausgenommenen Informationen gehören.“
Vor diesem Hintergrund führen Sie an, dass die Übermittlung der in den Dokumenten 1,
2, 4–9, 11 und 12 enthaltenen personenbezogenen Daten in Form ihrer (vollständigen)
Offenlegung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 gerechtfertigt sei, da ähnliche
Daten, würden sie nach deutschem Recht von der deutschen Verwaltung verlangt,
offengelegt würden. Darüber hinaus stünde die Offenlegung der betreffenden
personenbezogenen Daten gemäß Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 Ihrer Ansicht nach
dem eigentlichen Zweck dieser Verordnung nicht entgegen, der laut Ihrer Aussage darin
besteht, „Korruption zu verhindern“. Schließlich gebe es nach Ihrer Auffassung auch
keine Gründe für die Annahme, eine solche Offenlegung würde sich auf die Privatsphäre
der Betroffenen auswirken.
Das Recht auf Schutz der Privatsphäre wird als ein Grundrecht in der Charta der
Grundrechte anerkannt, ebenso wie die Transparenz der Prozesse innerhalb der Organe
der EU. Der Gesetzgeber hat keinem dieser beiden Rechte Vorrang vor dem anderen
eingeräumt, wie in der angeführten Rechtsprechung in der Rechtssache
Bavarian Lager12
bestätigt wird.
Es sei daran erinnert, dass die Europäische Kommission Initiativen ergriffen hat, um ihre
Entscheidungsprozesse transparenter zu gestalten, auch unter dem Gesichtspunkt der
Rechenschaftspflicht ihrer Mitarbeiter. Folglich werden die Namen, Nachnamen und
Positionen der Bediensteten der Europäischen Kommission, die eine Führungsposition
innehaben, in den gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 offengelegten
Dokumenten nicht geschwärzt, da diese Bediensteten für ihre Handlungen gegenüber der
Außenwelt verantwortlich gemacht werden können. Was Dritte anbelangt, so findet auch
keine Schwärzung der Namen und Nachnamen derjenigen Personen statt, bei denen es
sich um Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens handelt.
Hingegen muss nach Auffassung der Europäischen Kommission die Identität von
Gesprächspartnern aus Fachkreisen, die keine Führungsposition bekleiden, geschützt
12
Bavarian Lager, a.a.O., Rn. 56.
6
werden, da mit einer solchen Offenlegung das Gleichgewicht zwischen dem Grundrecht
auf Privatsphäre und der Verpflichtung zur Gewährleistung der Transparenz von
Entscheidungsprozessen beeinträchtigt würde.
Auch im vorliegenden Fall hat die Europäische Kommission die oben geschilderte Praxis
angewandt. So wurden die personenbezogenen Daten (Namen, Nachnamen und
Positionen) von Bediensteten in Führungsposition in den offengelegten Dokumenten an
entsprechender Stelle ebenfalls nicht geschwärzt.
Daher schloss die Europäische Kommission die Möglichkeit der Übermittlung
personenbezogener Daten (in Form der Offenlegung) von Bediensteten, die keine
Führungsposition innehaben, nicht aus. Für jede Übermittlung personenbezogener Daten
ist es jedoch erforderlich, dass die Anforderungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b
der Verordnung (EU) 2018/1725 erfüllt sind. Eine dieser Anforderungen betrifft die
Feststellung der Notwendigkeit einer solchen Übermittlung.
Ich nehme Ihren Hinweis aus Ihrem Zweitantrag zur Kenntnis, dass, „[s]ofern sich ein
Antrag auf Dokumente bezieht, die personenbezogene[...] Daten enthalten, [...] die
zuständige Kommissionsdienststelle den Antragsteller zunächst darauf aufmerksam
machen und ihm Gelegenheit geben [müsste], ihr ggf. sein besonderes Interesse an dem
Zugang darzulegen“. Ergänzend erklären Sie, dass „[d]ie [Europäische] Kommission [...]
nicht einfach unterstellen [kann], dass ein solches [Interesse] nicht vorliegt, ohne den
Antragsteller zu diesem Punkt anzuhören“.
An dieser Stelle sei jedoch angemerkt, dass eine solche Notwendigkeit nach dem
Wortlaut des oben genannten Artikels 9 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU)
2018/1725 vom Empfänger zu ermitteln ist, was in diesem Fall der Antragsteller ist.
Dieser Sachverhalt wurde vom Gerichtshof in der oben erwähnten Rechtssache C-
615/13 P (
ClientEarth) bereits bestätigt.
Zu Ihrem Argument, die Offenlegung der betreffenden personenbezogenen Daten wäre
der Korruptionsprävention dienlich, möchte ich Sie auf das Urteil in der Rechtssache
Dennekamp verweisen, in dem das Gericht entschieden hat, dass die Erfüllung der
Voraussetzung der Notwendigkeit, die in Artikel 8 Buchstabe b der Verordnung (EG)
Nr. 45/2001 (derzeit Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2018/1725)
vorgesehen und eng auszulegen ist, den Nachweis beinhaltet, dass die Übermittlung der
personenbezogenen Daten unter allen denkbaren Maßnahmen die Maßnahme ist, die sich
am besten dazu eignet, das Ziel des Antragstellers zu erreichen, und diese Maßnahme in
einem angemessenen Verhältnis zu dem Ziel steht.13
In Ihrem Zweitantrag führen Sie keinen konkreten Fall von Korruption im
Zusammenhang mit der Arbeit der nach Artikel 41 der Richtlinie 2014/26/EU
gegründeten Sachverständigengruppen an. Daher plädieren Sie anscheinend für die
Offenlegung der personenbezogenen Daten von Bediensteten, die keine Führungsposition
innehaben, als systemische Praxis der Europäischen Kommission, d. h. dafür, dass dies
13 Urteil des Gerichts vom 15. Juli 2015 –
Dennekamp gegen Europäisches Parlament, T-115/13,
EU:T:2015:497, Rn. 77.
7
nicht auf den vorliegenden Fall beschränkt wird, sondern auf alle Anträge auf Zugang zu
Dokumenten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001. Unklar bleibt hingegen, wie
die Offenlegung der in den Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten von
Bediensteten und Dritten dazu beitragen könnte, Korruption zu verhindern. In jedem Fall
ist die von Ihnen herangezogene Argumentation zu allgemein, um die Übermittlung der
betreffenden personenbezogenen Daten als geeignetstes Mittel zur Erreichung dieses
Ziels zu erachten. Da im Zusammenhang mit der Arbeit der oben genannten
Sachverständigengruppen keine konkreten Korruptionsvorwürfe erhoben wurden, kann
auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Übermittlung in einem angemessenen
Verhältnis zu diesem Ziel steht.
Im Hinblick auf die Beeinträchtigung der berechtigten Interessen der betroffenen
Personen stelle ich auf der Grundlage der mir zur Verfügung stehenden Informationen
fest, dass die Gefahr besteht, dass die Offenlegung ihrer in den angeforderten
Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten sie beispielsweise dem unbestellten
Schriftverkehr aussetzen würde.
Daher gelange ich zu dem Schluss, dass nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 und Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung
(EU) 2018/1725 kein Zugang zu den in den angeforderten Dokumenten enthaltenen
personenbezogenen Daten gewährt werden kann, da nicht nachgewiesen wurde, dass der
Zugang für einen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erforderlich ist, und es
keinen Grund zu der Annahme gibt, dass die berechtigten Interessen der betroffenen
Personen durch die Offenlegung der betreffenden personenbezogenen Daten nicht
beeinträchtigt würden.
3.
ÜBERWIEGENDES ÖFFENTLICHES INTERESSE AN DER FREIGABE
Ich weise Sie darauf hin, dass Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG)
Nr. 1049/2001
nicht
die Möglichkeit vorsieht, gegen die darin
genannte
Ausnahmeregelung ein überwiegendes öffentliches Interesse geltend zu machen.
4.
TEILWEISE FREIGABE
Mit Ausnahme von Dokument 6 ist ein weiterer teilweiser Zugang zu den in der
Anfangsphase
teilweise
freigegebenen
Dokumenten
nicht
möglich,
da
die
zurückgehaltenen Teile durch die Ausnahmeregelung nach Artikel 4 Absatz 1
Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 geschützt sind.
8