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C-299/14 - 12 
Schriftliche Erklärungen der Republik Polen 
Rechtssache C-299/14* 
Schriftstück eingereicht von: 
Republik Polen 
Übliche Bezeichnung der Rechtssache: 
Garcia-Nieto u. a. 
Eingangsdatum: 
1. Oktober 2014 
 
                                                          
* Verfahrenssprache: Deutsch. 
 
DE 

SCHRIFTLICHE ERKLÄRUNGEN POLENS – RECHTSSACHE C-299/14 
[Staatswappen der Republik Polen] 
Warschau, 1. Oktober 2014 
AN DEN PRÄSIDENTEN UND DIE MITGLIEDER 
DES GERICHTSHOFS DER EUROPÄISCHEN UNION 
SCHRIFTLICHE ERKLÄRUNGEN 
DER REPUBLIK POLEN 
abgegeben gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs im 
Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache 
C-299/14 
Garcia-Nieto u. a. 
(nationales Gericht: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – 
Deutschland) 
Bevollmächtigter der Republik Polen: 
 
Bogusław Majczyna 
Zustellungsanschrift: 
 
Ministerstwo Spraw Zagranicznych 
 
al. J. Ch. Szucha 23  
 
00-580 Warszawa – POLEN [Or. 2] 
 
Inhaltsverzeichnis 
 
I. SACHVERHALT UND VORLAGEFRAGEN ......................... I – 3 
II. STELLUNGNAHME DER REPUBLIK POLEN ................... I – 4 
II.1. Frage 1 .............................................................................. I – 4 
II.2. Frage 2 .............................................................................. I – 5 
III. ENTSCHEIDUNGSVORSCHLAG ........................................ I – 8 
[Or. 3] 

 

GARCIA-NIETO U. A. 
I. SACHVERHALT UND VORLAGEFRAGEN 

Das Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union in 
der Rechtssache C-299/14,  Garcia-Nieto  u. a., wurde von einem deutschen 
Gericht (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen)  in einem Verfahren über die 
Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II 
(Zweites Buch des deutschen Sozialgesetzbuchs) eingereicht. 

Wie sich aus der Begründung des Vorabentscheidungsersuchens ergibt, liegt dem 
Streit in der Rechtssache C-299/14 der folgende Sachverhalt zugrunde. Nachdem 
die Klägerin zu 1, die spanische Staatsangehörige ist,  über einen längeren 
Zeitraum  in Spanien gelebt hatte,  zog sie mit ihrer Tochter, die ebenfalls 
spanische Staatsangehörige ist, nach Deutschland. Dies geschah im April 2012. 
Im Juni 2012 nahm die Klägerin eine Arbeit auf. 

Im Juni 2012 folgte der Partner der Klägerin (Kläger zu 2) dieser mit dem zweiten 
Kind nach. Sie sind ebenfalls spanische Staatsangehörige. Der Kläger zu 2 hatte 
zuvor  in der spanischen Arbeitslosenversicherung Versicherungszeiten in einem 
Umfang von mehr als 12 Monaten zurückgelegt. 

Ab Juli 2012 bezogen die beiden  klagenden  Eltern  Kindergeld für ihre Kinder. 
Ende Juli 2012 beantragten alle vier (die Eltern und die Kinder) beim Beklagten 
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Beklagte 
bewilligte allen Klägern diese Leistungen ab Oktober 2012. Er lehnte jedoch ihre 
Gewährung an die Kläger zu 2 und zu 4 für die Monate August und September ab 
und begründete dies damit, dass die Bedingung eines dreimonatigen Aufenthalts 
in Deutschland (§ 7 Abs. [1] Satz 2 Nr. 1 SGB II) noch nicht erfüllt gewesen sei. 

Die Kläger erhoben gegen diese Ablehnung Klage beim Sozialgericht 
Gelsenkirchen, das der Klage stattgab. Dagegen hat der Beklagte Berufung beim 
vorlegenden Gericht eingelegt (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen). 

Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht beschlossen, sich mit den 
folgenden Fragen an den Gerichtshof zu wenden: [Or. 4] 
1.  Gilt das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4  der Verordnung (EG) Nr. 
883/2004  –  mit Ausnahme des Exportausschlusses des Art. 70  Abs. 4 der 
Verordnung Nr. 883/2004 – auch für die besonderen beitragsunabhängigen 
Geldleistungen im Sinne  von Art. 70  Abs. 1 und  2 der Verordnung Nr. 
883/2004? 
2.  Falls Frage 1) bejaht wird: Sind –  gegebenenfalls in welchem Umfang – 
Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art. 4  der Verordnung 
Nr.  883/2004 durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in 
Umsetzung des Art. 24  Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG möglich, nach 
denen der Zugang zu diesen Leistungen ausnahmslos für die ersten drei 
Monate des Aufenthalts nicht besteht, wenn Unionsbürger in der 
 
 


SCHRIFTLICHE ERKLÄRUNGEN POLENS – RECHTSSACHE C-299/14 
Bundesrepublik Deutschland weder Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder 
Selbständige noch aufgrund des § 2  Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU 
(FreizügG/EU) freizügigkeitsberechtigt sind? 
3.  Falls Frage 1) verneint wird: Stehen andere primärrechtliche 
Gleichbehandlungsgebote  –  insbesondere  Art. 45  Abs. 2 AEUV in 
Verbindung mit Art. 18 AEUV – einer nationalen Bestimmung entgegen, die 
Unionsbürgern eine Sozialleistung in den ersten drei Monaten ihres 
Aufenthalts ausnahmslos verweigert, die der Existenzsicherung dient und 
gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, wenn diese 
Unionsbürger zwar weder Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder 
Selbständige noch aufgrund des § 2  Abs. 3 des FreizügG/EU 
freizügigkeitsberechtigt sind, aber eine tatsächliche Verbindung zum 
Aufnahmestaat und insbesondere zum Arbeitsmarkt des Aufnahmestaats 
aufweisen können? 
II. STELLUNGNAHME DER REPUBLIK POLEN 
II.1. Frage 1 

Bei der ersten Frage geht es im Kern um die Feststellung, ob  das 
Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 883/20041 auch für 
die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen gilt. Es ist zu erwarten, dass 
der Gerichtshof über diese Frage [Or. 5] in Kürze im Urteil in der Rechtssache 
Dano  (C-333/13)  entscheiden wird2. In Erwartung dieses Urteils und unter 
Berücksichtigung der herausragenden Bedeutung dieser Frage auch für das 
vorliegende Verfahren wird die Republik Polen aber kurz die Argumente 
darlegen, die nach ihrer Ansicht für die  Erteilung einer bejahenden Antwort 
sprechen. 

Es ist anzumerken, dass Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 883/2004 ausdrücklich 
bestimmt, dass diese Verordnung „auch für die besonderen beitragsunabhängigen 
Geldleistungen  gemäß  Artikel  70  [gilt]“.  Art. 4  der Verordnung Nr. 883/2004 
bestimmt, dass,  „[s]ofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, ... 
Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten 
aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen 
dieses Staates [haben]“. Art. 70 Abs. 3 bestimmt wiederum, dass für die in Art. 70 
genannten Leistungen,  d. h.  für die besonderen beitragsunabhängigen 
Geldleistungen, nur Art. 7 und die anderen Kapitel des Titels III der Verordnung 
Nr. 883/2004 nicht gelten. 
                                                          
1 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 
zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit  (ABl.  L 166 vom 30.4.2004,  S. 1 
[berichtigt und neu veröffentlicht in ABl. L 200 vom 7.6.2004, S. 1]). 
2 Eine entsprechende Frage wurde von dem vorlegenden Gericht in der Rechtssache Alimanovic 
(C-67/14) gestellt. 

 

GARCIA-NIETO U. A. 

Aus  Art. 3  Abs. 3 und Art. 70  Abs. 3 der Verordnung Nr. 883/2004 geht somit 
hervor, dass für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen alle 
Vorschriften der Titel II, IV, V und VI sowie alle Bestimmungen des Titels I mit 
Ausnahme von Art. 7 der Verordnung Nr. 883/2004 gelten. Art. 4 der Verordnung 
Nr. 883/2004 befindet sich im Titel I, seine Anwendung wurde daher nicht kraft 
Art. 70 Abs. 3 dieser Verordnung ausgeschlossen. 
10  Zudem ist anzumerken, dass die Art. 4 und 70 der Verordnung Nr. 883/2004 den 
Art. 3  und 10a der Verordnung Nr. 1408/713  entsprechen.  Auch die 
Erwägungsgründe der Verordnung Nr. 883/2004 verweisen an vielen Stellen auf 
die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Verordnung Nr. 1408/714.  Aus diesen 
Gründen ist es angemessen, sich bei der Beantwortung der ersten Frage auf die 
Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 10a der Verordnung Nr.  1408/71 zu 
berufen. Indessen hat der Gerichtshof in der Rechtsprechung zu dieser 
Bestimmung mehrmals betont, dass Einschränkungen der allgemeinen Grundsätze 
der Koordinierung der Systeme [Or. 6] der sozialen Sicherheit in Bezug auf die 
besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen eng auszulegen sind5. 
11  Infolgedessen  steht  nach Ansicht der Republik Polen außer  Zweifel, dass  das 
Gleichbehandlungsgebot des Art. 4  der Verordnung Nr. 883/2004 auch für die 
besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen gilt. Dem ist hinzuzufügen, dass 
ein ähnlicher Standpunkt von Generalanwalt M. Wathelet in den Schlussanträgen 
in der Rechtssache Dano  (C-333/13, EU:C:2014:341, Nrn. 75 bis 86)  vertreten 
wird. 
II.2. Frage 2 
12  Bei der zweiten Frage geht es im Kern um die Feststellung, ob das in Art. 4 der 
Verordnung Nr. 883/2004 niedergelegte Gebot der Gleichbehandlung  ohne 
Rücksicht  auf  die Staatsangehörigkeit  durch  die  Anwendung von nationalen 
Bestimmungen, die Art. 24  Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG6  umsetzen, 
eingeschränkt werden kann. 
13  Das vorlegende Gericht scheint anzunehmen, dass die Anwendung der nationalen 
Vorschriften, die die Richtlinie 2004/38/EG umsetzen, zur Verweigerung der 
                                                          
3 Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der 
sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und 
abwandern (ABl. L 149 vom 5.7.1971, S. 2). 
4 Vgl. z. B. die Erwägungsgründe 21, 24, 34 und 37 der Verordnung Nr. 883/2004. 
5  Vgl. Urteile  Jauch  (C-215/99, EU:C:2001:139, Rn. 21),  Naranjo  (C-265/05, EU:C:2007:26, 
Rn. 29) sowie Kersbergen-Lap und Dams-Schipper (C-154/05, EU:C:2006:449, Rn. 25). 
6 Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das 
Recht  der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der 
Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 
1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 
73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. 
L 158 vom 30.4.2004, S. 77  [berichtigt und neu veröffentlicht in ABl. L 229 vom 29.6.2004, 
S. 35]). 
 
 


SCHRIFTLICHE ERKLÄRUNGEN POLENS – RECHTSSACHE C-299/14 
Leistung führen müsse. Die Verweigerung der Leistung in den ersten drei 
Monaten des Aufenthalts würde  aber eine abweichende  Behandlung von 
Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten bedeuten  und könnte damit einen 
Verstoß gegen das Gebot  der Gleichbehandlung ohne Rücksicht auf die 
Staatsangehörigkeit darstellen, das sich in Bezug auf die  Leistungen, die den 
Streitgegenstand bilden, ausdrücklich aus Art. 4  der Verordnung Nr. 883/2004 
ergibt. Unter diesen Umständen schlägt das vorlegende Gericht eine Lösung vor, 
nach der  das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4  der Verordnung Nr. 883/2004 
trotzdem gemäß Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG eingeschränkt werden 
kann  und infolgedessen eine  abweichende  Behandlung  von  Staatsangehörigen 
anderer Mitgliedstaaten zulässig ist. 
14  Diese Schlussfolgerung  scheint auf der folgenden  Annahme zu beruhen.  Nach 
dem Urteil Brey (C-140/12, EU:C:2013:565, Rn. 58 bis 62) können in bestimmten 
Fällen besondere beitragsunabhängige Geldleistungen zugleich 
Sozialhilfeleistungen im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG sein. Die Feststellung, 
dass die betreffende  Leistung  [Or. 7]  dem Grunde nach eine Sozialhilfeleistung 
im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG ist, begründet die Anwendung der in dieser 
Richtlinie aufgestellten Grundsätze; und da die Richtlinie in Art. 24  Abs. 2 
ausdrücklich Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgebot vorsieht, müssen diese – 
unabhängig von den Vorschriften der Verordnung Nr. 883/2004 – auch für eine 
besondere beitragsunabhängige Geldleistung  gelten. Daraus kann  der folgende 
Schluss gezogen werden: Wenn eine bestimmte Leistung als Sozialhilfeleistung 
angesehen werden kann,  dann muss  ihre Gewährung durch die Richtlinie 
2004/38/EG geregelt werden, und  die Anwendung der Vorschriften der 
Verordnung Nr. 883/2004 kann  dann  höchstens im Einklang mit den 
Bestimmungen dieser Richtlinie erfolgen. 
15  Nach Ansicht der Republik Polen wäre  diese  Betrachtungsweise indessen 
unzutreffend.  Es ist zu betonen, dass eine besondere beitragsunabhängige 
Geldleistung auch dann, wenn sie als Sozialhilfeleistung im Sinne der Richtlinie 
2004/38/EG eingestuft werden kann, deswegen nicht ihren Status als besondere 
beitragsunabhängige Geldleistung im Sinne der Verordnung Nr. 883/2004 verliert 
und nicht vom Anwendungsbereich ihrer Vorschriften ausgeschlossen wird. Im 
Gegenteil,  Art. 3  Abs. 3  der Verordnung Nr. 883/2004 bestimmt ausdrücklich, 
dass  für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen  die Vorschriften 
dieser  Verordnung  –  vorbehaltlich  der Einschränkungen in Art. 70  Abs. 3  – 
gelten.  Unabhängig von der  eventuell  möglichen Anwendung von Ausnahmen 
vom Gebot der Gleichbehandlung ohne  Rücksicht auf die  Staatsangehörigkeit 
unterliegen die besonderen  beitragsunabhängigen  Geldleistungen  somit  allen in 
der Verordnung Nr. 883/2004 genannten  Grundsätzen  in dem dort bestimmten 
Umfang. 
16  Wie bereits in den Erwägungen zur ersten Frage dargelegt wurde, finden gemäß 
Art. 70  Abs. 3 der Verordnung Nr. 883/2004 auf die besonderen 
beitragsunabhängigen Geldleistungen alle Vorschriften des Titels I dieser 

 

GARCIA-NIETO U. A. 
Verordnung  mit Ausnahme von  Art. 7  Anwendung. Nach Ansicht der Republik 
Polen bedeutet dies, dass für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen 
auch  Art. 6  der Verordnung Nr. 883/2004 gilt, der die  Pflicht zur 
Berücksichtigung von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats 
zurückgelegten  Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer 
selbständigen Erwerbstätigkeit und  Wohnzeiten  betrifft.  Daher hätte das 
vorlegende Gericht im Hinblick auf die Erfüllung der Bedingung eines mindestens 
dreimonatigen Aufenthalts in Deutschland, die sich aus den innerstaatlichen 
Vorschriften ergibt, unter Anwendung der in Art. 6 der Verordnung Nr. 883/2004 
niedergelegten  Rechtsnorm  die Wohnzeiten der Kläger in dem anderen 
Mitgliedstaat berücksichtigen müssen. [Or. 8] 
17  In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass Art. 6  der Verordnung Nr. 
883/2004 mit Art. 10a Abs. 2 der Verordnung Nr. 1408/71 übereinstimmt. Daher 
ist  es nach Ansicht der Republik Polen  angebracht, bei der Beantwortung der 
zweiten Frage auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 10a  Abs. 2 der 
Verordnung Nr. 1408/71 zurückzugreifen. Im Urteil Swaddling  (C-90/97, 
EU:C:1999:96,  Rn. 30 und Tenor)  hat der Gerichtshof deutlich darauf 
hingewiesen, dass Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, die den Erhalt einer 
besonderen beitragsunabhängigen Geldleistung von der Erfüllung der Bedingung 
eines Mindestaufenthalts in dem  betreffenden  Mitgliedstaat abhängig machen, 
gegen Art. 10a der Verordnung Nr. 1408/71 verstoßen. 
18  Indem ein Mitgliedstaat für den Erhalt einer bestimmten Leistung die Bedingung 
aufstellt, dass der Betroffene in seinem Gebiet über einen bestimmten Zeitraum 
wohnt, verfolgt er das Ziel, den Zugang zu Leistungen nur Personen zu eröffnen, 
die in der Lage sind, eine Verbindung zu diesem Staat nachzuweisen.  Das 
Erfordernis eines Wohnens im Gebiet des betreffenden Staates ist geht weiter als 
das Erfordernis eines Aufenthalts in diesem. An dieser Stelle ist anzumerken, dass 
gemäß Art. 1 Buchst. j der Verordnung Nr. 883/2004 der „Wohnort“ als der „Ort 
des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person“ definiert wird. Das bedeutet, dass der 
Aufenthalt eines  der konstitutiven Merkmale  des Wohnens ist, wobei diese 
Vorschrift für ein Wohnen in einem Staat keine Mindestaufenthaltsdauer in dem 
betreffenden  Staat vorsieht.  Aus dem Urteil Bergemann  (C-236/87, 
EU:C:1988:443, Rn. 3 und 4 sowie 19 bis 21) geht hervor, dass die Verlegung des 
Wohnorts in einen anderen Mitgliedstaat sofort nach dem Umzug in diesen Staat 
erfolgen kann. Ein Mitgliedstaat, der für die  Gewährung von besonderen 
beitragsunabhängigen Geldleistungen die Erfüllung der Bedingung des Wohnens 
in seinem Gebiet verlangt, ist demnach verpflichtet, die Zeiträume des Wohnens 
in einem anderen Mitgliedstaat zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dieser 
Erwägung  ist festzustellen, dass der Mitgliedstaat erst recht die Bedingung des 
Aufenthalts in seinem Gebiet als erfüllt ansehen muss, wenn  die  betreffende 
Person vorher in einem anderen Mitgliedstaat gewohnt hat. 
19  Zudem weist das vorlegende Gericht in dem Vorabentscheidungsersuchen selbst 
darauf hin, dass in der vorliegenden Rechtssache die soziale Integration der 
 
 


SCHRIFTLICHE ERKLÄRUNGEN POLENS – RECHTSSACHE C-299/14 
Kläger im Aufnahmestaat unmittelbar nach der Ankunft aus dem Staat, dessen 
Staatsangehörigkeit sie besitzen und in dem sie über einen längeren Zeitraum 
wohnten, erfolgte. Das bedeutet, dass die Kläger schon während der ersten drei 
Monate des Aufenthalts die Bedingung des Wohnens, von der in Art. 70 Abs. 4 
der Verordnung Nr. 883/2004 die Rede ist, erfüllt haben. Es ist anzumerken, dass 
der Gerichtshof in dem oben angeführten Urteil in der Rechtssache [Or. 9] 
Bergemann  (EU:C:1988:443,  Rn. 21)  deutlich  darauf hingewiesen  hat, dass der 
Nachzug zu Familienmitgliedern, die schon in dem entsprechenden Staat wohnen, 
für die Integration der  betreffenden  Person  in diesem Staat spricht. Im Übrigen 
wurde die in Rede stehende Leistung den Klägern sofort für den Zeitraum ab dem 
vierten Monat ihres Aufenthalts gewährt. Es kann angenommen werden, dass die 
die Leistung gewährende Stelle keine Zweifel daran hegte,  dass die  Kläger in 
Deutschland  wohnen, andernfalls hätte sie die Gewährung dieser Leistung 
verweigert. Es scheint also, dass die Kläger ununterbrochen in Mitgliedstaaten 
gewohnt haben (zunächst in Spanien, dann in Deutschland). Der Wechsel des 
Wohnorts innerhalb der Union darf nach den Grundsätzen der Koordinierung der 
Systeme der sozialen Sicherheit keine negativen Folgen nach sich ziehen, wenn 
die einschlägige Rechtsordnung bestimmte Folgen an den Aufenthalt im eigenen 
Gebiet während der entsprechenden Zeiträume knüpft. 
20  Die Berücksichtigung  der früheren Wohndauer der Kläger in Spanien hätte es 
ermöglicht, den Klägern die Leistung vom Zeitpunkt der Antragstellung an, auch 
für den Zeitraum der ersten drei Monate ihres Aufenthalts in Deutschland, zu 
gewähren. 
21  Auch wenn man eventuell davon ausgeht, dass eine  besondere 
beitragsunabhängige Geldleistung im Sinne der Verordnung Nr. 883/2004 eine 
Sozialhilfeleistung im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG  ist,  gelten nach Ansicht 
der Republik Polen im Licht der obigen Erwägungen für  die besonderen 
beitragsunabhängigen Geldleistungen in  vollem  Umfang die Vorschriften der 
Verordnung Nr. 883/2004  –  darunter  der in Art. 6  aufgestellte  Grundsatz der 
Zusammenrechnung von Wohnzeiten –, vorbehaltlich der Einschränkungen, die in 
Art. 70 Abs. 3 dieser Verordnung genannt werden. 
22  Da die Republik Polen vorschlägt, die zweite Frage zu bejahen, wird sie keine 
Antwort auf die dritte Frage vorschlagen. 
III. ENTSCHEIDUNGSVORSCHLAG 
23  In Anknüpfung an die obige Argumentation schlägt die Republik Polen dem 
Gerichtshof der Europäischen Union vor, die erste und zweite Frage des 
vorlegenden Gerichts wie folgt zu beantworten: 
1)  Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4  der Verordnung Nr. 883/2004 
gilt auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen im 
Sinne von Art. 70 dieser Verordnung. 

 

GARCIA-NIETO U. A. 
2)  Sofern man eventuell davon ausgeht, dass eine  besondere 
beitragsunabhängige Geldleistung im Sinne der Verordnung Nr. 
883/2004 eine Sozialhilfeleistung im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG ist, 
gelten für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen in 
vollem  Umfang die Vorschriften der Verordnung Nr. 883/2004  – 
darunter der in Art. 6 aufgestellte Grundsatz der Zusammenrechnung 
von Wohnzeiten –, vorbehaltlich  der Einschränkungen, die in Art. 70 
Abs. 3 dieser Verordnung genannt werden. 
Bogusław Majczyna 
Bevollmächtigter der Republik Polen