EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, 27.5.2019
C(2019) 4103 final
30171 Hannover
DEUTSCHLAND
BESCHLUSS DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION NACH ARTIKEL 4 DER
DURCHFÜHRUNGSVORSCHRIFTEN ZU DER VERORDNUNG (EG) NR. 1049/20011
Ihr Zweitantrag auf Akteneinsicht nach der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 –
GESTDEM 2019/1129
Sehr geehrter
,
ich nehme Bezug auf Ihre E-Mail vom 12. April 2019, die am 15. April 2019 bei uns
registriert wurde und in der Sie nach Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG)
Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen
Parlaments, des Rates und der Kommission2 (nachfolgend „Verordnung (EG)
Nr. 1049/2001“) einen Zweitantrag auf Akteneinsicht stellen.
In Ihrem Erstantrag vom 27. Februar 2019 haben Sie Zugang zu Dokumenten im
Zusammenhang mit dem Vorschlag der Kommission zur Neufassung des Visakodex vom
März 20183 beantragt. Dabei ging es Ihnen insbesondere um Dokumente, die den Status
enger Familienangehöriger von Unionsbürgern, die in dem Mitgliedstaat leben, dessen
Staatsangehörigkeit sie besitzen, zum Gegenstand haben. Sie haben sich ferner nach dem
Vorhandensein von Dokumenten erkundigt, aus denen hervorgeht, dass enge
Familienangehörige von Unionsbürgern, die in dem Mitgliedstaat leben, dessen
Staatsangehörigkeit sie besitzen, mit den Angehörigen von Unionsbürgern, die in Ausübung
ihres Rechts auf Freizügigkeit ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedsstaat haben,
dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, gleichgestellt werden sollen.
Mit Schreiben vom 11. April 2019 teilte Ihnen die Generaldirektion Migration und Inneres
mit, dass ihr keine Ihrem Antrag entsprechenden Dokumente vorliegen.
1
Amtsblatt L 345 vom 29.12.2001, S. 94.
2
Amtsblatt L 145 vom 31.5.2001, S. 43.
3
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung
(EG) Nr. 810/2009 vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft vom 14. März 2018.
Commission européenne, 1049 Bruxelles/Europese Commissie, 1049 Brussel − BELGIQUE/BELGIË. Tel.: +32 229-91111.
In Ihrem Zweitantrag stellen Sie das Nichtvorhanden derartiger Dokumente infrage.
Bitte beachten Sie, dass sich dieser bestätigende Beschluss nur auf die Fragen zum Recht
auf Zugang zu Dokumenten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 bezieht. Alle
anderen in Ihrem Antrag aufgeworfenen Fragen, die sich nicht auf das Recht auf Zugang zu
Dokumenten beziehen, können im Rahmen dieses Beschlusses nicht behandelt werden.
Ihr Zweitantrag enthält zudem neue Elemente, die über den ursprünglichen Gegenstand
Ihres Erstantrags hinausgehen.
Bitte beachten Sie, dass diese Elemente im Rahmen eines neuen Zugangsantrags gesondert
behandelt werden. Die Generaldirektion Migration und Inneres wird Ihnen auf den neuen
Zugangsantrag antworten.
Daher wird in der vorliegenden Antwort auf den Zweitantrag nur auf die strittige Frage des
Nichtvorhandenseins von Dokumenten eingegangen, die mit dem Kommissionsvorschlag
zur Neufassung des Visakodex vom März 2018 im Zusammenhang stehen und den Status
von engen Familienangehörigen von Unionsbürgern, die in dem Mitgliedstaat leben, dessen
Staatsangehörigkeit sie besitzen, behandeln.
Vor diesem Hintergrund hat die Kommission eine erneute eingehende Suche nach den
angeforderten Dokumenten vorgenommen.
Im Anschluss an diese erneute Suche bestätige ich, dass der Europäischen Kommission
keine Dokumente vorliegen, die der Beschreibung in Ihrem Antrag entsprechen.
Wie aus Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 hervorgeht, bezieht sich
das dort verankerte Zugangsrecht nur auf bestehende Dokumente, die sich im Besitz des
betreffenden Organs befinden. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Urteil des
Gerichtshofs in der Rechtssache C-127/13 P (Strack/Kommission) verweisen, in dem es
heißt:
„Weder Art. 11 der Verordnung Nr. 1049/2001 noch die Hilfeleistungspflicht nach
Art. 6 Abs. 2 der Verordnung können nämlich ein Organ verpflichten, ein bei ihm
angefordertes, aber nicht existierendes Dokument zu erstellen“4.
Die oben genannte Feststellung wurde in der Rechtssache C-491/15 P (Typke/Kommission)
bestätigt‚ in der der Gerichtshof befand,
„dass sich das Recht auf Zugang zu Dokumenten
der Organe nur auf existierende Dokumente, die sich im Besitz des betreffenden Organs
befinden, bezieht und dass die Verordnung Nr. 1049/2001 nicht herangezogen werden kann,
um ein Organ zu verpflichten, ein nicht existierendes Dokument zu erstellen ....
Daraus
folgt, ... dass ein Zugangsantrag, der die Kommission zur Erstellung eines neuen Dokuments
veranlassen würde, selbst wenn dieses auf Elementen beruhen würde, die schon in
vorhandenen und im Besitz der Kommission befindlichen Dokumenten enthalten sind, über
den Rahmen der Verordnung Nr. 1049/2001 hinausgeht“.5
4
Urteil des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2014, Strack/Kommission, C-127/13 P, ECLI:EU:C:2014:2250,
Rn. 46.
5
Urteil des Gerichtshofs vom 11. Januar 2017, Typke/Kommission, C-491/15 P, ECLI:EU:C:2017:5,
Rn. 31.
2
Darüber hinaus hat das Gericht in der Rechtssache T-468/16 (Verein Deutsche
Sprache/Kommission) festgestellt‚ dass für jede Erklärung der Organe hinsichtlich der
Nichtexistenz von angeforderten Dokumenten eine Rechtmäßigkeitsvermutung gilt.6 Diese
Vermutung kann nur durch vom Kläger beigebrachte schlüssige und übereinstimmende
Indizien widerlegt werden.7 Der Gerichtshof hat diese Schlussfolgerungen vor Kurzem auf
ein in der Rechtssache C-440/18 P eingelegtes Rechtsmittel hin bestätigt.8
Da der Europäischen Kommission keine der Beschreibung in Ihrem Antrag entsprechenden
Dokumente vorliegen, kann sie Ihrem Antrag leider nicht nachkommen.
Abschließend möchte ich Sie auf die möglichen Rechtsbehelfe gegen diesen Beschluss
hinweisen. Sie können nach Artikel 263 AEUV Klage beim Gerichtshof der Europäischen
Union erheben oder nach Artikel 228 AEUV eine Beschwerde an den Europäischen
Bürgerbeauftragten richten.
Mit freundlichen Grüßen
Für die Kommission
Martin SELMAYR
Generalsekretär
6
Urteil des Gerichts vom 23. April 2018, Verein Deutsche Sprache/Kommission, T-468/16T-468/16,
ECLI:EU:T:2018:207, Rn. 35-36.
7
Ebd.
8
Urteil des Gerichtshofs vom 30. Januar 2019, Verein Deutsche Sprache/Kommission, C-440/18 P,
ECLI:EU:C:2019:77, Rn. 14.
3