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EUROPÄISCHE KOMMISSION
Generaldirektion Handel
Direktion F - WTO, Rechtsangelegenheiten und Warenhandel
Streitbeilegung und Rechtliche Aspekte der Handelspolitik
Brüssel, den 11. Mai 2017
F.2/
(2017) 2645707
Bundesarbeitskammer
Prinz Eugen Strasse 20-22
1040 WIEN
Austria
Sehr geehrter
,
Sehr geehrte
,
Haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben vom 13. März 2017 in dem Sie im Namen der
Bundesarbeitskammer Österreich Stellung zur öffentlichen Konsultation zu einer
multilateralen Reform der Beilegung von Investitionsstreitigkeiten Stellung beziehen,
sowie für die entsprechende Beteiligung der Bundesarbeitskammer an dieser
Konsultation.
Die Europäische Kommission ist gerade dabei, die vielen Beiträge zu dieser Konsultation
im Detail auszuwerten und der Beitrag der Bundesarbeitskammer Österreich wird hierbei
selbstverständlich gebührend berücksichtigt werden.
Mit Bezug auf Ihr Schreiben vom 13. März möchte ich allerdings darauf hinweisen, dass
die öffentliche Konsultation bewusst auf die Frage einer multilateralen Reform der
Beilegung von Investitionsstreitigkeiten beschränkt war. Nach Einschätzung der
Kommission und der überragenden Mehrheit der EU Mitgliedstaaten hat ein Versuch
einer globalen Reform des materiellen Investitionsrechts momentan wenig
Erfolgsaussichten.
Wir beobachten allerdings ein bedeutendes Interesse (sowohl innerhalb als auch
außerhalb der EU) daran, im Rahmen der Investitionsstreitbeilegung die bestehende
ad hoc Schiedsgerichtsbarkeit durch ein ständiges, transparentes und rechtsstaatlichen
Grundsätzen verpflichtetes multilaterales Gericht zu ersetzen. Dass andere
Reformvorschläge im Rahmen des ICSID vor mehr als zehn Jahren nicht erfolgreich
waren, sollte uns nicht davon abhalten, zu versuchen, die prozessualen Aspekte des
internationalen Investitionsrechts von Grund auf zu reformieren. Die Alternative wäre
das Fortbestehen der von der Bundesarbeitskammer zu Recht kritisierten
Investitionsschiedsgerichtssysteme,
die
in
derzeit
weltweit
über
3.200 Investitionsschutzabkommen verankert sind. Der Zweck eines multilateralen
Investitions-gerichtshofs soll nicht sein, neue Rechte für Investoren zu schaffen, sondern
lediglich die bereits bestehenden Streitbeilegungsmechanismen durch ein besseres
System zu ersetzen.
Commission européenne/Europese Commissie, 1049 Bruxelles/Brussel, BELGIQUE/BELGIË - Tel. +32 22991111
Dies soll nicht heißen, dass eine multilaterale Reform des materiellen Investitionsrechts
nicht zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein sollte. Auch wissen Sie sicher, dass die
Europäische Kommission die materiellen Schutzstandards, die in EU-Abkommen
enthalten sind, während der letzten Jahre tiefgreifend reformiert hat und diesen
Reformansatz in allen derzeitigen und zukünftigen EU-Verhandlungen fortführt. Wir
betrachten das Projekt der Schaffung eines multilateralen Investitionsgerichts als einen
zusätzlichen Schritt im Rahmen einer umfassenden Reform des internationalen
Investitionsrechts.
Die EU Kommission setzt sich auch verstärkt dafür ein, im Rahmen der
EU-Handelspolitik die Sozial-, Menschen-, Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitsrechte zu
schützen und zu stärken. Und es ist zutreffend, dass Investoren nicht nur Rechte, sondern
auch Pflichten haben. In diesem Sinne setzt sich die EU auch in verschiedenen
internationalen Organisationen ein, wie etwa in den Vereinten Nationen oder in der
OECD. EU-Handelsabkommen fördern auch die Einhaltung und Umsetzung der
Grundsätze verantwortlicher Unternehmensführung durch Unternehmen. Sie verweisen
ausdrücklich auf international anerkannte Leitsätze und Prinzipien in diesem Bereich,
wie etwa die OECD Leitsätze für Multinationale Unternehmen oder die
UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Die EU beteiligt sich ebenfalls
engagiert am "TNC-Treaty"-Prozess der Vereinten Nationen, nachdem vorläufige
Unklarheiten über die Reichweite und Ziele dieses Prozesses geklärt werden konnten.
Und wir werden im Detail mit unseren Verhandlungspartnern darüber diskutieren
müssen, inwieweit derartige internationale Rechtsinstrumente auch im Rahmen eines
zukünftigen multilateralen Investitionsgerichts eine Rolle spielen können.
Ich muss allerdings Ihrer Aussage widersprechen, die Kommission negiere die Anliegen
der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft, die negativen Folgen der Globalisierung
grundsätzlich zu diskutieren. Diese Diskussion findet regelmäßig in den hierfür
eingerichteten Foren statt, wie etwa im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss
oder in dem von der Generaldirektion Handel organisierten "
Civil Society Dialogue"1.
Wir sind auch stets dazu bereit, Ihre Fragen mit Ihnen auf bilateraler Ebene zu vertiefen
und ich lade Sie dazu ein, mit uns Kontakt aufzunehmen, falls Sie solche bilaterale
Gespräche mit uns führen möchten. Ich kann Ihnen auch versichern, dass das Projekt des
multilateralen Investitionsgerichts von unserer Seite in voller Transparenz fortgeführt
werden wird, so dass Sie zu jedem möglichen Zeitpunkt Stellung beziehen können.
Mit freundlichen Grüßen,
1
http://trade.ec.europa.eu/civilsoc/
2
Elektronisch unterzeichnet am 11/05/2017 12:06 (UTC+02) gemäß Artikel 4.2 (Gültigkeit elektronischer Dokumente) des Beschlusses Nr. 2004/563/EG der Kommission