Ref. Ares(2021)352218 - 15/01/2021
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, 25.10.2019
C(2019) 7861 final
Naturschutzbund Oberösterreich
Achleiten 139
4752 Riedau
ÖSTERREICH
BESCHLUSS DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION NACH ARTIKEL 4 DER
DURCHFÜHRUNGSVORSCHRIFTEN ZU DER VERORDNUNG (EG) NR. 1049/20011
Ihr Zweitantrag auf Akteneinsicht nach der Verordnung (EG)
Nr. 1049/2001 - GESTDEM 2019/5078
Sehr geehrter
,
ich nehme Bezug auf Ihre E-Mail vom 29. September 2019, die am 30. September 2019
bei uns registriert wurde und in der Sie nach Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG)
Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen
Parlaments, des Rates und der Kommission2 (nachfolgend „Verordnung (EG)
Nr. 1049/2001“) einen Zweitantrag auf Akteneinsicht stellen.
1.
GEGENSTAND IHRES ANTRAGS
Am 2. September 2019 stellten Sie einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten, in dem Sie,
ich zitiere, „[...] die Überprüfung des GLÖZ-Standard Nr. 5 „Mindestpraktiken der
Bodenbearbeitung entsprechend den standortspezifischen Bedingungen“ durch die EU
und, ich zitiere, die Einführung eines „[...] neuen Standards in Österreich mit BGBl.
Nr. 57/2018 ab 1.1.2019“ infolge dieser Überprüfung verweisen.
1
Amtsblatt L 345 vom 29.12.2001, S. 94.
2
Amtsblatt L 145 vom 31.5.2001, S. 43.
Commission européenne, 1049 Bruxelles/Europese Commissie, 1049 Brussel − BELGIQUE/BELGIË. Tel.: +32 229-91111.
http://ec.europa.eu/dgs/secretariat general/
E-Mail: xxxxxxxxxx@xx.xxxxxx.xx
In diesem Zusammenhang beantragten Sie wie folgt, ich zitiere, Zugang zu den
Dokumenten: „Begehrt wird der Schriftverkehr zwischen der EU-Kommission und
Österreich zu Anbau erosionsgefährdeter Kulturen, insbesondere dass (erst) ab 18 %
Hangneigung erosionsmindernde Maßnahmen gesetzt werden müssen, wie zum Beispiel
Anbau quer zum Hang“.
Ihr Antrag wurde der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung für die
Bearbeitung und Beantwortung zugewiesen.
Ihr Antrag bezieht sich auf die im folgenden Dokument enthaltenen Informationen:
- Schreiben der Europäischen Kommission vom 13. Dezember 2016 an die
österreichischen Behörden, Ares (2016 )6309666 (im Folgenden „Dokument 1“);
- Schreiben der Europäischen Kommission vom 18. Dezember 2017 an die
österreichischen Behörden, Ares (2017)6242746 (im Folgenden „Dokument 2“)3.
- Schreiben der Europäischen Kommission vom 18. Dezember 2017 an die
österreichischen Behörden, Ares (2018)5053130 (im Folgenden „Dokument 3“);
- Mitteilung von 2017 an die Europäische Kommission mit der Beschreibung der
GLÖZ für Österreich, Aktenzeichen Ares (2019)6089662 (im Folgenden
„Dokument 4“);
- Mitteilung von 2018 an die Europäische Kommission mit der Beschreibung der
GLÖZ für Österreich, Aktenzeichen Ares (2019)6089662 (im Folgenden
„Dokument 5“)4.
Die Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung antwortete auf Ihren
Antrag am 23. September 2019. Sie gewährte gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001, der den Schutz der Privatsphäre und der Integrität des
Einzelnen vorsieht, einen (erweiterten) teilweisen Zugang zu den Dokumenten 1 und 2.
In Ihrem Zweitantrag ersuchen Sie um Überprüfung dieses Standpunkts. Sie weisen
insbesondere darauf hin, dass die (teilweise) im Erstbescheid offengelegten Dokumente
keine Informationen umfassen, die die Antwort auf die Frage in Ihrem Erstantrag
enthalten.
3 In Ihrem Zweitantrag weisen Sie darauf hin, dass die Nummern der Dokumente 1 und 2, die in der
Liste der Dokumente aufgeführt sind, die dem Erstbescheid der Generaldirektion Landwirtschaft und
ländliche Entwicklung beigefügt waren, nicht mit jenen übereinstimmen, die im Text dieser
Dokumente enthalten sind. Bitte beachten Sie, dass die betreffenden Dokumente zuerst auf Englisch
verfasst wurden und diese Fassung den Behörden Österreichs übermittelt wurde. Anschließend wurden
die deutschen Fassungen der Schreiben erstellt und (erneut) an die Behörden Österreichs übermittelt.
Die Europäische Kommission hat jedoch beide Fassungen registriert. Deshalb haben sie
unterschiedliche Registrierungsnummern. Zwischen der Erstellung der englischen und der deutschen
Fassung der Dokumente besteht eine gewisse Zeitspanne, sodass auch die Registrierungsdaten
unterschiedlich sind. Die Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung hat Ihnen die
Dokumente in deutscher Sprache vorgelegt, da Ihr Erstantrag in dieser Sprache eingereicht wurde.
4 Die Dokumente 3-5 wurden in der bestätigenden Phase ermittelt.
2
2.
PRÜFUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN NACH DER VERORDNUNG (EG)
NR. 1049/2001
Bei der Prüfung eines Zweitantrags auf Dokumentenzugang nach der Verordnung (EG)
Nr. 1049/2001
überprüft
das
Generalsekretariat
die
von
der
betreffenden
Generaldirektion bzw. Dienststelle im Erstbescheid übermittelte Antwort erneut.
Wie in Abschnitt 1 dieses Beschlusses dargelegt, ermittelte die Europäische Kommission
im Anschluss an Ihren Zweitantrag die obengenannten Dokumente 3 bis 5 und bewertete
sie unter dem Gesichtspunkt der Anwendbarkeit der Ausnahmen in Artikel 4 der
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001.
Nach dieser Bewertung kann ich Ihnen mitteilen, dass der (erweiterte) teilweise Zugang
zu den betreffenden Dokumenten gewährt wird.
Die einschlägigen geschwärzten Teile der betreffenden Dokumente fallen jedoch unter
die Ausnahmeregelung nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG)
Nr. 1049/2001 (Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen).
Bei der Bewertung berücksichtigte die Europäische Kommission die Position des Dritten,
der im Einklang mit Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 konsultiert
wurde.
2.1 Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen
Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 verpflichtet die
Organe, „den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung […] der Schutz der
Privatsphäre
und
der
Integrität
des
Einzelnen,
insbesondere
gemäß
den
Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über den Schutz personenbezogener Daten,
beeinträchtigt würde“, zu verweigern.
In seinem Urteil in der Rechtssache C-28/08 P
(Bavarian Lager)5 hat der Gerichtshof
entschieden‚ dass bei einem Antrag auf den Zugang zu Dokumenten, die
personenbezogene Daten enthalten, die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen
Parlaments
und
des
Rates
vom
18. Dezember
2000
zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch
die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr6 (im
Folgenden „Verordnung (EG) Nr. 45/2001“) in vollem Umfang anwendbar wird.
5
Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2010,
Europäische Kommission/The Bavarian Lager Co. Ltd, C-
28/08 P EU:C:2010:378, Rn. 59 (im Folgenden
„Bavarian Lager“).
6
Amtsblatt L 8 vom 12.1.2001, S. 1.
3
Bitte beachten Sie, dass die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 mit Wirkung vom
11. Dezember 2018 durch die Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der
Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen
Stellen der Union und zum freien Datenverkehr aufgehoben wurde.7
Für die Auslegung der Verordnung (EU) 2018/1725 ist jedoch nach wie vor die
Rechtsprechung zu der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 maßgeblich.
Nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 sind personenbezogene Daten
„alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person
[…] beziehen“.
Die Dokumente 3-5 enthalten die Namen und Kontaktdaten Dritter (Mitarbeiter der
österreichischen Ministerien) sowie die biometrischen Daten (handschriftliche
Unterschrift des Bediensteten der Europäischen Kommission).
Diese Informationen stellen eindeutig personenbezogene Daten im Sinne des Artikels 3
Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 und im Sinne des Urteils in der Rechtssache
Bavarian Lager dar8.
Nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2018/1725 „werden
personenbezogene Daten an in der Union niedergelassene Empfänger, die nicht Organe
oder Einrichtungen der Union sind, nur übermittelt, wenn […] der Empfänger nachweist,
dass die Übermittlung der Daten für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse
liegenden Zweck erforderlich ist, und der Verantwortliche in Fällen, in denen Gründe für
die Annahme vorliegen, dass die berechtigten Interessen der betroffenen Person
beeinträchtigt werden könnten, nachweist, dass die Übermittlung der personenbezogenen
Daten für diesen Zweck verhältnismäßig ist, nachdem er die unterschiedlichen
widerstreitenden Interessen nachweislich gegeneinander abgewogen hat.“
Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind und die Verarbeitung im Sinne des
Artikels 5
der
Verordnung
(EU)
2018/1725
rechtmäßig
ist,
dürfen
die
personenbezogenen Daten übermittelt werden.
Der Gerichtshof hat in der Rechtssache C-615/13 P
ClientEarth) entschieden, dass das
Organ die Notwendigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten nicht selbst prüfen
muss9. Dies ergibt sich auch aus Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU)
2018/1725, wonach die Notwendigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten vom
Empfänger nachzuweisen ist.
7
ABl. L 205 vom 21.11.2018, S. 39.
8
Siehe
Bavarian Lager, Rn. 70.
9
Urteil
des
Gerichtshofs
vom
16. Juli
2015,
ClientEarth/Europäische
Behörde
für
Lebensmittelsicherheit, C-615/13 P, ECLI: EU:C:2015:489, Rn. 47.
4
Nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2018/1725 muss die
Europäische Kommission die weiteren Voraussetzungen für die rechtmäßige
Verarbeitung personenbezogener Daten nur dann prüfen, wenn die erste Voraussetzung
erfüllt ist, d. h., wenn der Empfänger nachgewiesen hat, dass die Übermittlung der Daten
für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erforderlich ist. Nur in
diesem Fall prüft die Europäische Kommission, ob Grund zu der Annahme besteht, dass
die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden könnten, und sie
stellt gegebenenfalls die Verhältnismäßigkeit der Übermittlung der personenbezogenen
Daten für diesen bestimmten Zweck fest, nachdem die widerstreitenden Interessen
nachweislich abgewogen wurden.
In Ihrem Antrag haben Sie keine Argumente vorgebracht, die belegen, dass die
Übermittlung der Daten für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck
erforderlich ist. Daher braucht die Europäische Kommission nicht zu prüfen, ob Grund
zu der Annahme besteht, dass die berechtigten Interessen der betroffenen Person
beeinträchtigt werden könnten.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass das Recht auf Schutz der
Privatsphäre als ein Grundrecht in der Charta der Grundrechte anerkannt wird, ebenso
wie die Transparenz der Prozesse innerhalb der Organe der EU. Der Gesetzgeber hat
keinem dieser beiden Rechte Vorrang vor dem anderen eingeräumt, wie in der
angeführten Rechtsprechung in der Rechtssache
Bavarian Lager bestätigt wurde10.
Auf der Grundlage der mir zur Verfügung stehenden Informationen stelle ich fest, dass
die Gefahr besteht, dass die Offenlegung der Namen der in dem beantragten Dokument
aufgeführten Personen die berechtigten Interessen der betroffenen Dritten beeinträchtigen
würde.
Da es sich bei den handschriftlichen Unterschriften um biometrische Daten handelt,
besteht die Gefahr, dass ihre Offenlegung die berechtigten Interessen der betroffenen
Personen beeinträchtigen würde.
Daher gelange ich zu dem Schluss, dass nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 und Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung
(EU) 2018/1725 kein Zugang zu den personenbezogenen Daten gewährt werden kann, da
nicht nachgewiesen wurde, dass der Zugang für einen im öffentlichen Interesse liegenden
Zweck erforderlich ist, und es keinen Grund zu der Annahme gibt, dass die berechtigten
Interessen der betroffenen Personen durch die Offenlegung der betreffenden
personenbezogenen Daten nicht beeinträchtigt würden.
3.
ÜBERWIEGENDES ÖFFENTLICHES INTERESSE AN DER FREIGABE
Ich weise Sie darauf hin, dass Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG)
Nr. 1049/2001
nicht
die Möglichkeit vorsieht, gegen die darin
genannte
Ausnahmeregelung ein überwiegendes öffentliches Interesse geltend zu machen.
10
Siehe
Bavarian Lager, Rn. 56.
5