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A-1030 Wien
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D155.027, 2021-0.586.257
[Anmerkung Bearbeiter: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen
(inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), etc., sowie deren Initialen und
Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein.]
T E I L B E S C H E I D
S P R U C H
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde von Kai Mustermann
(Beschwerdeführer) vom 18. August 2020, vertreten durch NOYB - Europäisches Zentrum für digitale
Rechte, Goldschlagstraße 172/4/3/2, 1140 Wien, ZVR: 1354838270, gegen 1) Selina Musterfrau GmbH
(vormals: Jens Mustermann GmbH) (Erstbeschwerdegegnerin), vertreten durch XY und 2) Google LLC,
1600 Amphitheatre Parkway, Mountain View, CA 94043, USA (Zweitbeschwerdegegner), vertreten
durch YZ, wegen einer Verletzung der allgemeinen Grundsätze der Datenübermittlung gemäß Art. 44
DSGVO wie folgt:
1. Der Bescheid der Datenschutzbehörde vom 2. Oktober 2020, Zl. D155.027, 2020-0.527.385,
wird behoben.
2. Der Beschwerde gegen die Erstbeschwerdegegnerin wird stattgegeben und es wird festgestellt,
dass
a)
die Erstbeschwerdegegnerin als Verantwortliche durch Implementierung des Tools
„Google Analytics“ auf ihrer Website unter www.xyz.at zumindest am 14. August 2020
personenbezogene Daten des Beschwerdeführers (dies sind zumindest einzigartige
Nutzer-Identifikations-Nummern, IP-Adresse und Browserparameter) an den
Zweitbeschwerdegegner übermittelt hat,
b)
die Standarddatenschutzklauseln, die die Erstbeschwerdegegnerin mit dem
Zweitbeschwerdegegner abgeschlossen hat, kein angemessenes Schutzniveau gemäß
Art. 44 DSGVO bieten, da
i)
der
Zweitbeschwerdegegner
als
Anbieter
elektronischer
Kommunikationsdienste im Sinne von 50 U.S. Code § 1881(b)(4) zu
- 2 –
qualifizieren ist und als solcher der Überwachung durch US-Geheimdienste
gemäß 50 U.S. Code § 1881a („FISA 702”) unterliegt, und
ii)
die Maßnahmen, die zusätzlich zu den in Spruchpunkt 2. b) genannten
Standarddatenschutzklauseln getroffenen wurden, nicht effektiv sind, da diese
die Überwachungs- und Zugriffsmöglichkeiten durch US-Nachrichtendienste
nicht beseitigen,
c)
im vorliegenden Fall kein anderes Instrument gemäß Kapitel V der DSGVO für die in
Spruchpunkt 2.a) angeführte Datenübermittlung herangezogen werden kann und die
Erstbeschwerdegegnerin deshalb für die im Rahmen der in Spruchpunkt 2.a)
angeführte Datenübermittlung kein angemessenes Schutzniveau gemäß Art. 44
DSGVO gewährleistet hat.
3. Die Beschwerde gegen den Zweitbeschwerdegegner wegen einer Verletzung der allgemeinen
Grundsätze der Datenübermittlung gemäß Art. 44 DSGVO wird abgewiesen.
Rechtsgrundlagen: Art. 4 Z 1, Z 2, Z 7 und 8, Art. 5, Art. 44, Art. 46 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c, Art. 51
Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 lit. d und lit. f, Art. 77 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1 sowie Art. 93 Abs. 2 der Verordnung
(EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; §§ 18
Abs. 1 sowie 24 Abs. 1, Abs. 2 Z 5 und Abs. 5 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999
idgF; § 68 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. 51/1991 idgF.
- 3 –
B E G R Ü N D U N G
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
A.1. Der Beschwerdeführer brachte in seiner Eingabe vom 18. August 2020 zusammengefasst
Folgendes vor:
Er habe am 14. August 2020, um 10:45 Uhr, die Website der Erstbeschwerdegegnerin unter
www.xyz.at besucht. Während des Besuchs sei er in seinem Google-Konto eingeloggt gewesen,
welche mit der E-Mail-Adresse des Beschwerdeführers, xxxxxxxxxxxxxx@xxxxx.xxx, verknüpft sei.
Die Erstbeschwerdegegnerin habe auf ihrer Website einen HTML-Code für Google-Dienste (inklusive
Google Analytics) eingebettet. Im Verlauf des Besuchs habe die Erstbeschwerdegegnerin
personenbezogene Daten, nämlich zumindest die IP-Adresse und die Cookie-Daten des
Beschwerdeführers verarbeitet. Dabei seien einige dieser Daten an den Zweitbeschwerdegegner
übermittelt worden. Eine solche Datenübermittlung erfordere eine Rechtsgrundlage gemäß den
Art. 44 ff DSGVO.
Nach dem Urteil des EuGH vom 16. Juli 2020, Rs C-11/18 („Schrems II“), könnten sich die
Beschwerdegegner
für
eine
Datenübermittlung
in
die
USA
nicht
mehr
auf
eine
Angemessenheitsentscheidung („Privacy Shield“) nach Art. 45 DSGVO stützen. Die
Erstbeschwerdegegnerin dürfe die Datenübermittlung auch nicht auf Standarddatenschutzklauseln
stützen, wenn das Bestimmungsdrittland nach Maßgabe des Unionsrechts keinen angemessenen
Schutz der auf der Grundlage von Standarddatenschutzklauseln übermittelten personenbezogenen
Daten
gewährleiste.
Der
Zweitbeschwerdegegner
sei
als
Anbieter
elektronischer
Kommunikationsdienste im Sinne von 50 U.S.Code § 1881(b)(4) zu qualifizieren und unterliege als
solcher der Überwachung durch US-Geheimdienste gemäß 50 U.S.Code § 1881a („FISA 702”). Der
Zweitbeschwerdegegner stelle der US-Regierung gemäß 50 U.S. Code § 1881a aktiv
personenbezogene Daten zur Verfügung.
Folglich seien die Beschwerdegegner nicht in der Lage, einen angemessenen Schutz der
personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers zu gewährleisten, wenn dessen Daten an den
Zweitbeschwerdegegner übermittelt werden. Die Übermittlung der Daten des Beschwerdeführers in die
USA sei unrechtmäßig. Der Beschwerde waren mehrere Beilagen beigefügt.
A.2. Mit Stellungnahme vom 16. Dezember 2020 brachte die Erstbeschwerdegegnerin
zusammengefasst Folgendes vor:
Die Erstbeschwerdegegnerin sei nur in Österreich ansässig. Sie sei für die Entscheidung
verantwortlich, das Tool auf der Webseite www.xyz.at einzubetten. Das Tool werde eingesetzt, um
allgemeine statistische Auswertungen über das Verhalten der Website-Besucher zu ermöglichen. Das
Tool erlaube allerdings nicht, den Content an einen konkreten Websiteuser anzupassen, da die
- 4 –
Auswertung anonym durchgeführt werde und kein Bezug zu einem bestimmten User ermöglicht werde.
Auch Nutzer-IP-Adressen würden vor Speicherung oder Übermittlung anonymisiert werden („IP-
Anonymisierung“). Der sogenannte User Agent String diene dazu, dem Server mitzuteilen, mit welcher
Systemspezifikation der User auf den Server zugreife. Dabei würden ohne Personenbezug nur Gerät,
Betriebssystem- und -version, Browser- und Browserversion und der Gerätetyp angezeigt werden. Im
besten Fall sei eine Zuordnung zu einem bestimmten Gerät, niemals jedoch zu einer konkreten Person,
die das Gerät nutze, möglich. Die Verarbeitung der anonymen Statistiken erfolge überwiegend in
Rechenzentren in Europa, allerdings auch durch den Zweitbeschwerdegegner auf Servern außerhalb
des EWR.
Sofern die DSGVO anwendbar sei, sei die Erstbeschwerdegegnerin Verantwortliche und der
Zweitbeschwerdegegner sei Auftragsverarbeiter. Es sei eine Auftragsverarbeitervereinbarung
abgeschlossen worden. Da keine personenbezogenen Daten übermittelt werden würden, sei das Urteil
des EuGH vom 16. Juli 2020 in der Rechtssache C311/18 nicht anwendbar. Um jedoch für eine etwaige
Überlassung von personenbezogenen Daten an den Zweitbeschwerdegegner Vorkehrungen zu treffen
– zB. den Fall, dass die IP-Anonymisierung aufgrund eines Data Breaches deaktiviert werde –, habe
der Erstbeschwerdegegner mit dem Zweitbeschwerdegegner eine Auftragsverarbeitervereinbarung
abgeschlossen, als auch Standarddatenschutzklauseln (SDK) einbezogen. Dies sei rein aus
Vorsichtsgründen implementiert worden. Der Zweitbeschwerdegegner habe weitere technische und
organisatorische Maßnahmen gesetzt, um ein hohes Datenschutzniveau für die über die Tools
verarbeiteten Daten zu bieten. Der Stellungnahme waren mehrere Beilagen beigefügt.
A.3. Mit Stellungnahme vom 22. Jänner 2021 brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst
Folgendes vor:
Bei einem Auftragsverarbeiter in einem Drittland sei ein Bruch der Anonymisierung nicht durchsetzbar
oder feststellbar. Im Zweifel gelte 50 U.S.C § 1881a und nicht ein Werbetext auf der Google-Website.
Die zuerst verarbeiteten personenbezogenen Daten würden erst nachträglich in einem zweiten Schritt
anonymisiert werden. Diese nach Übertragung möglicherweise erfolgte Anonymisierung wirke sich
nicht auf die vorherige Verarbeitung aus. Die Stellungnahme enthält an dieser Stelle eine nähere
technische Beschreibung.
Abgesehen davon berufe sich der Beschwerdeführer nicht nur auf die Verarbeitung seiner IP-Adresse,
sondern auch anderer personenbezogener Daten, etwa Cookie-Daten. Zum Zeitpunkt des Website-
Besuchs sei er in sein privates Google-Konto eingeloggt gewesen. Es seien „Google“-Cookies gesetzt
worden. Um eine Verletzung der Art. 44 ff DSGVO zu verhindern, sei eine gänzliche Entfernung des
Tools nötig und ein Wechsel zu einem anderen Tool ohne Datenübermittlung in die USA zu empfehlen.
Sofern die Erstbeschwerdegegnerin der Überzeugung sei, dass keine personenbezogenen Daten
verarbeitet würden, sei der Abschluss von Auftragsverarbeitungsbedingungen widersinnig. Der
Stellungnahme waren mehrere Beilagen beigefügt.
- 5 –
A.4. Mit Stellungnahme vom 9. April 2021 übermittelte der Zweitbeschwerdegegner seine Antworten
zum Fragenkatalog der Datenschutzbehörde.
A.5. Mit Stellungnahme vom 4. Mai 2021 brachte die Erstbeschwerdegegnerin zur Stellungnahme des
Zweitbeschwerdegegners vom 9. April 2021 zusammengefasst Folgendes vor:
Die Erstbeschwerdegegnerin verwende lediglich die kostenlose Version von Google Analytics. Dabei
sei sowohl den Nutzungsbedingungen als auch den SDK zugestimmt worden. Dabei sei weder die
Google Analytics 4 Version implementiert, noch die Datenfreigabe-Einstellung aktiviert worden. Der
Code sei mit der Anonymisierungsfunktion eingebettet worden. Der Zweitbeschwerdegegner werde nur
als Auftragsverarbeiter eingesetzt. Die Weisungen erteile die Erstbeschwerdegegnerin über die
Einstellungen der Google-Analytics-Benutzeroberfläche und über das globale Website Tag. Google
Signals werde nicht eingesetzt. Die Erstbeschwerdegegnerin verfüge über kein eigenes
Authentifizierungssystem und benutze auch keine Benutzer-ID-Funktion. Aktuell stütze man sich nicht
auf die Ausnahmeregelung des Art. 49 Abs. 1 DSGVO.
A.6. Mit Stellungnahme vom 5. Mai 2021 brachte der Beschwerdeführer zur Stellungnahme des
Zweitbeschwerdegegners vom 9. April 2021 zusammengefasst Folgendes vor:
Die Beschwerde richte sich gegen den Erst- und Zweitbeschwerdegegner. Google Ireland Limited sei
nicht Partei des Verfahrens. Die Datenschutzbehörde sei für den Zweitbeschwerdegegner unmittelbar
zuständig, dieser habe gegen Art. 44 ff DSGVO verstoßen. Der Zweitbeschwerdegegner sei als
Auftragsverarbeiter Normadressat von Kapitel V DSGVO. Der Zweitbeschwerdegegner stelle außer
Streit, dass alle durch Google Analytics erhobenen Daten in den USA gehostet werden würden.
Zumindest einige der anlässlich des Websitebesuchs am 14. August 2020 gesetzten Cookies würden
eindeutige Nutzer-Identifikations-Nummern enthalten. In der Transaktion zwischen dem Browser des
Beschwerdeführers und https://tracking.XYZ123.at, die zum angeführten Datum gestartet worden sei,
seien die Nutzer-Identifikations-Nummern „_gads“, _“ga“ und „_gid“ gesetzt worden. Diese Nummern
seien in Folge an https://www.google-analytics.com/ übermittelt worden. Es handle sich bei den
Nummern um „Online-Kennungen“, die der Identifizierbarkeit natürlicher Personen dienten und einem
Nutzer konkret zugeordnet werden würden. Im Hinblick auf die IP-Adresse sei festzuhalten, dass
Kapitel V DSGVO keine Ausnahmen für „nachträglich anonymisierte Daten“ vorsehe. Es sei davon
auszugehen, dass die IP-Adresse des Beschwerdeführers nicht einmal in allen Transaktionen
anonymisiert worden sei. Der Antrag auf Verhängung einer Geldbuße werde zurückgezogen, dies sei
nunmehr eine Anregung.
A.7. Mit Stellungnahme vom 10. Juni 2021 brachte der Zweitbeschwerdegegner zusammengefasst
Folgendes vor:
- 6 –
Die Aktivlegitimation des Beschwerdeführers sei nicht festgestellt, da nicht nachgewiesen worden sei,
dass es sich bei den übermittelten Daten um personenbezogene Daten des Beschwerdeführers handle.
Es handle sich bei den fraglichen Cookies um First Party Cookies, die unter der Domain www.xyz.at
gesetzt worden seien. Es handle sich daher um Cookies des Erst- und nicht des
Zweitbeschwerdegegners. Demnach handle es sich nicht um einzigartige Google-Analytics-Cookie-IDs
pro Nutzer, die auf mehreren Websites verwendet würden, die Google Analytics nutzten. Ein Nutzer
habe unterschiedliche cid-Numern für verschiedene Websites. Es sei nicht festgestellt, dass die
gegenständlichen Nummern den Beschwerdeführer identifizierbar machen würden. Das Vorbringen
enthält an dieser Stelle weitere technische Ausführungen zu den eingesetzten Cookies. Im Hinblick auf
die IP-Adresse sei zu prüfen, ob die IP-Adresse des mit dem Internet verbundenen Geräts tatsächlich
dem Beschwerdeführer zuzuordnen sei und ob der Verantwortliche oder „eine andere Person“ die
rechtlichen Mittel habe, um Anschlussinhaberinformationen von dem betreffenden Anbieter zu erhalten.
Als Auftragsverarbeiter stelle der Zweitbeschwerdegegner dem Website-Betreiber zahlreiche
Konfigurationsmöglichkeiten von Google Analytics zur Verfügung. Auf Grundlage der erhaltenen
Informationen sei festzuhalten, dass die Erstbeschwerdegegnerin Google Analytics so konfiguriert
habe, wie angegeben. Durch einen möglichen Konfigurationsfehler habe die Erstbeschwerdegegnerin
die IP-Anonymisierungsfunktion nicht in allen Fällen aktiviert. Unter normalen Betriebsbedingungen und
soweit Nutzer mit Sitz in der EU betroffen seien, befinde sich ein Webserver im EWR, weshalb die IP-
Anonymisierung grundsätzlich innerhalb des EWR erfolge. Im vorliegenden Fall seien normale
Betriebsbedingungen vorgelegen.
Am 14. August 2020 habe das Konto xxxxxxxxxxxxxx@xxxxx.xxx die Web-&-App Aktivitäten
Einstellung aktiviert. Allerdings habe sich das Konto nicht entschieden, Aktivitäten von Websites
einzuschließen, die Google Dienste nutzten. Da die Erstbeschwerdegegnerin nach eigenen Angaben
auch Google-Signals nicht aktiviert habe, sei der Zweitbeschwerdegegner demnach nicht in der Lage,
festzustellen, dass der Nutzer des Kontos xxxxxxxxxxxxxx@xxxxx.xxx diese Website besucht habe.
Im Hinblick auf den internationalen Datenverkehr sei festzuhalten, dass – selbst unter der Annahme,
dass es sich um personenbezogene Daten des Beschwerdeführers handle – diese ihrer Art nach im
Hinblick auf Quantität und Qualität begrenzt seien. Soweit die übermittelten Daten überhaupt als
personenbezogene Daten zu qualifizieren seien, würde es sich auch um pseudonyme Daten handeln.
Es seien Standardvertragsklauseln mit der Erstbeschwerdegegnerin abgeschlossen worden, zusätzlich
seien ergänzende Maßnahmen implementiert worden. Der Zweitbeschwerdegegner lege keine
Nutzerdaten gemäß EO 12333 offen. FISA § 702 sei im vorliegenden Fall angesichts der
Verschlüsselung und der Anonymisierung von IP-Adressen irrelevant. Die Art. 44 ff DSGVO könnten
nicht Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens nach Art. 77 Abs. 1 DSGVO sein, weshalb die
Beschwerde dahingehend zurückzuweisen sei. Die Art. 44 ff DSGVO seien im Hinblick auf den
Zweitbeschwerdegegner als Datenimporteur auch nicht anwendbar.
- 7 –
A.8. Mit Stellungnahmen vom 18. und 24. Juni 2021 brachte die Erstbeschwerdegegnerin
zusammengefasst Folgendes vor:
Im Rahmen eines Asset-Deals sei mit Wirkung Musterdatum Musterjahr die Website www.xyz.at auf
die XYZ123 GmbH in XY übertragen worden. Im Anschluss sei die Erstbeschwerdegegnerin von
xyz123.at GmbH in Neue Muster GmbH umbenannt worden. Darüber hinaus habe die
Erstbeschwerdegegnerin den Zweitbeschwerdegegner angewiesen, alle über die Google-Analytics-
Properties gesammelten Daten sofort zu löschen. Der Konfigurationsfehler im Zusammenhang mit der
IP-Anonymisierungsfunktion
sei
behoben
worden.
In
der
Zwischenzeit
habe
der
Zweitbeschwerdegegner die endgültige Löschung aller Daten bestätigt, als Nachweis werde eine
Beilage vorgelegt. Es werde angeregt, das Verfahren gemäß § 24 Abs. 6 DSG einzustellen.
A.9. Mit Stellungnahmen vom 9. Juli 2021 brachte der Zweitbeschwerdegegner zusammengefasst
Folgendes vor:
Eine Angemessenheitsbeurteilung sei nach Ansicht des Europäischen Datenschutzausschusses
(EDSA) nicht auf die Prüfung der Rechtsvorschriften des Drittlandes beschränkt, sondern müsse auch
alle spezifischen Umstände der gegenständlichen Übermittlung berücksichtigen. Dies sei für den
gegenständlichen Fall relevant. Die Pseudonymisierung sei hier – in Einklang mit den EDSA-Leitlinien
– eine wirksame ergänzende Maßnahme. Es sei nicht zu erwarten, dass US-Behörden über zusätzliche
Informationen verfügten, die es ihnen ermöglichten, die hinter den First Party Cookie-Werten „gid“ und
„cid“ oder hinter einer IP-Adresse stehenden betroffenen Personen zu identifizieren. Der
Beschwerdeführer habe auch nicht die Feststellung beantragt, dass seine Rechte in der Vergangenheit
verletzt worden seien.
A.10. Mit Stellungnahmen vom 9. Juli 2021 brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst
Folgendes vor:
Es sei eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten gegeben, dies sei u.a. durch die vorgelegten
Beilagen belegt. Wenn es letztlich für die Identifikation eines Website-Besuchers nur Voraussetzung
sei, ob dieser gewisse Willenserklärungen in seinem Konto abgebe (wie etwa die Aktivierung von „Ad
personalisation“), würden für den Zweitbeschwerdegegner alle Möglichkeiten der Identifizierbarkeit
vorliegen. Andernfalls könne der Zweitbeschwerdegegner den in den Kontoeinstellungen
ausgedrückten Wünschen eines Nutzers nach „Personalisierung“ der erhaltenen Werbeinformationen
nicht entsprechen.
Der UUID (Universally Unique Identifier) im _gid-Cookie mit dem UNIX-Zeitstempel XY sei am
Mittwoch, 12 August 2020 um 11:11 und 18 Sekunden MEZ gesetzt worden, jene im cid-Cookie mit
dem UNIX-Zeitstempel YZ am Freitag, 14. August 2020 um 10:45 und 34 Sekunden MEZ. Daraus folge,
dass diese Cookies schon vor dem beschwerdegegenständlichen Besuch verwendet worden seien und
- 8 –
auch ein längerfristiges Tracking stattgefunden habe. Der Beschwerdeführer habe seines Wissens
diese Cookies auch nicht unmittelbar gelöscht und die Webseite www.xyz.at auch wiederholt besucht.
Der Zweitbeschwerdegegner verkenne das weite Verständnis der DSGVO bei der Beurteilung des
Vorliegens personenbezogener Daten. Die konkret genutzte IP-Adresse sei auch für den
Beschwerdeführer nicht mehr feststellbar. Dies sei aber irrelevant, da über die UUID in den Cookies
ohnehin ein klarer Personenbezug bestehe. Speziell die Kombination von Cookie-Daten und IP-
Adresse erlaube Tracking und die Auswertung von geografischer Lokalisation, Internet-Anschluss und
Kontext des Besuchers, die mit den bereits beschriebenen Cookie-Daten verknüpfbar seien. Hierzu
würden aber auch Daten wie der genutzte Browser, die Bildschirmauflösung oder das Betriebssystem
(„Device Fingerprinting“) kommen.
Im Rahmen der Beschwerde relevanter sei, dass US-Behörden gerade für Geheimdienste leicht
feststellbare Daten, wie etwa die IP-Adresse, als Ausgangspunkt für die Überwachung von
Einzelpersonen nutzen würden. Es sei das Standardvorgehen von Geheimdiensten, sich von einem
Datum zu anderen „weiterzuhangeln“. Wenn der Computer des Beschwerdeführers etwa immer wieder
über die IP-Adresse von NOYB im Internet auftauche, so könne dies genutzt werden, um die Arbeit des
Vereins NOYB auszuspähen und um den Beschwerdeführer ins Visier zu nehmen. In einem weiteren
Schritt würden dann andere Identifier in den Daten gesucht, wie etwa die genannten UUIDs, was
wiederrum eine Identifikation der einzelnen Person für eine Überwachung an anderen Orten
ermögliche. Bei US-Geheimdiensten handle es sich in diesem Zusammenhang sohin um eine „andere
Person“ im Sinne des Erwägungsgrundes 26 DSGVO. Der Beschwerdeführer arbeite nicht nur für
NOYB, sondern habe als Musterbeschwerdeführer auch eine relevante Rolle in diesen Anstrengungen.
Damit sei nach US-Recht eine Überwachung des Beschwerdeführers nach 50 USC § 1881a (ebenso
wie von allen anderen mit dieser Beschwerde betrauten Personen) jederzeit legal möglich. Selbst bei
der Anwendung des vermeintlichen „risikobasierten Ansatzes“ sei der gegenständliche Fal ein
Paradebeispiel für ein hohes Risiko.
Die E-Mail-Adresse xxxxxxxxxxxxxx@xxxxx.xxx sei dem Beschwerdeführer zuzuordnen, der bis zu
einer Eheschließung den Nachnamen „Mustername“ getragen habe. Das alte Google-Konto werde
jedoch noch immer benutzt. Es sei nicht erklärt, inwieweit die unstrittig vorliegenden Daten verknüpft,
ausgewertet oder das Ergebnis einer Auswertung dem Nutzer nur nicht angezeigt werde.
Darüber hinaus kenne Kapitel V DSGVO keinen „risikobasierten Ansatz“. Dieser finde sich nur in
bestimmten Artikeln der DSGVO, wie etwa in Art. 32 leg.cit. Die neuen Standardvertragsklauseln im
Durchführungsbeschluss (EU) 2021/914 seien für den Sachverhalt mangels zeitlicher Gültigkeit nicht
relevant. Eine „Übermittlung“ sei keine einseitige Handlung eines Datenexporteurs, jede „Übermittlung“
verlange auch einen Empfang der Daten. Demnach sei das Kapitel V der DSGVO auch für den
Zweitbeschwerdegegner anwendbar, es handle sich um ein gemeinschaftliches Handeln von
Datenexporteur und –importeur.
- 9 –
Selbst falls der Zweitbeschwerdegegner die Art. 44 ff DSGVO nicht verletzt habe, seien die
Bestimmungen gemäß Art. 28 Abs. 3 lit. a und Art. 29 DSGVO als „Auffangregelung“ zu
berücksichtigen. Leiste der Zweitbeschwerdegegner einer entsprechenden Weisung eines US-
Geheimdienstes Folge, so treffe er damit die Entscheidung, personenbezogene Daten über den
konkreten Auftrag der Erstbeschwerdegegnerin gemäß Art. 28 und Art. 29 DSGVO und den
entsprechenden
Vertragsdokumenten
hinaus
zu
verarbeiten.
Hierdurch
werde
der
Zweitbeschwerdegegner gemäß Art. 28 Abs. 10 DSGVO selbst zum Verantwortlichen. Infolgedessen
habe der Zweitbeschwerdegegner insbesondere auch die Bestimmungen der Art. 5 ff DSGVO zu
befolgen. Eine heimliche Datenweitergabe an US-Geheimdienste gemäß dem Recht der USA sei ohne
Zweifel nicht mit Art. 5 Abs. 1 lit. f DSGVO, Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO und Art. 6 DSGVO vereinbar.
A.9. Mit letzter Stellungnahme vom 12. August 2021 brachte der Zweitbeschwerdegegner
zusammengefasst Folgendes vor:
Der Beschwerdeführer habe seine Aktivlegitimation zur Beschwerdeeinbringung nicht dargetan. Er
habe keine seitens des Zweitbeschwerdegegners aufgeworfenen Fragen zur Identifizierbarkeit seiner
Person anhand der IP-Adresse beantwortet. In Bezug auf die _gid-Nummer und cid-Nummer sei
festzuhalten, dass kein Verzeichnis vorhanden sei, um dadurch den Beschwerdeführer identifizierbar
zu machen. Die Tatsache, dass in ErwGr 26 DSGVO das „Aussondern“ als mögliches Mittel zur
Identifizierung erwähnt sei, ändere jedoch nicht das Verständnis der Worte „identifizieren“ oder
„Identifizierung“ oder „Identifizierbarkeit“.
Die Identifizierbarkeit des Beschwerdeführers setze zumindest voraus, dass seine Identifizierung auf
Grundlage der gegenständlichen Daten und mit Mitteln möglich sei, die nach allgemeinem Ermessen
wahrscheinlich genutzt würden. Dies sei nicht festgestellt und könne nicht unterstellt werden und sei
im Gegenteil sogar unwahrscheinlich, wenn nicht sogar unmöglich. Auch die Tatsache, dass der
Zweitbeschwerdegegner Auftragsverarbeitervereinbarungen abgeschlossen habe, bedeute weder,
dass es sich bei den Daten, die Gegenstand dieses Verfahrens seien, um personenbezogene Daten
handle, noch, dass es sich um die Daten des Beschwerdeführers handle.
Der Ansicht des Beschwerdeführers, dass die Datenübermittlung nicht nach einem risikobasierten
Ansatz zu bewerten sei („Al es-oder-Nichts“), sei nicht zu folgen. Dies stehe nicht im Einklang mit der
DSGVO und sei an ErwGr 20 des Durchführungsbeschlusses (EU) 2021/914 der Europäischen
Kommission
zu
sehen.
Ebenso
sei
dies
an
den
unterschiedlichen
Versionen
der
EDSA-Empfehlung 01/2020 erkennbar. Selbst wenn ein Zugriff auf die oben angeführten Nummern
durch US-Behörden „jederzeit legal“ möglich sei, sei zu überprüfen, wie wahrscheinlich dies sei. Der
Beschwerdeführer habe keine überzeugenden Argumente dafür vorgebracht, warum oder wie die
„Cookie-Daten“ im Zusammenhang mit seinem Besuch einer öffentlich zugänglichen, und von vielen
genutzten österreichischen Website wie der in Rede stehenden, „Foreign Intelligence Information“
seien und damit zum Ziel der zweckbeschränkten Datenerfassung gemäß § 702 werden könnten.
- 10 –
B. Beschwerdegegenstand
Ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers ist erkennbar, dass Beschwerdegegenstand
jedenfalls die Frage ist,
-
ob die Erstbeschwerdegegnerin durch Implementierung des Tools Google Analytics auf
ihrer Website www.xyz.at personenbezogene Daten des Beschwerdeführers an den
Zweitbeschwerdegegner übermittelt hat und,
-
ob für diese Datenübermittlung ein angemessenes Schutzniveau gemäß Art. 44 DSGVO
gewährleistet wurde.
In diesem Zusammenhang ist auch zu klären, ob neben der Erstbeschwerdegegnerin (als
Datenexporteurin) auch der Zweitbeschwerdegegner (als Datenimporteur) zur Einhaltung von Art. 44
DSGVO verpflichtet war.
Über den Antrag, gegen die Erstbeschwerdegegnerin (als Verantwortliche) nunmehr ein
unverzügliches Verbot der Datenübermittlungen an den Zweitbeschwerdegegner zu verhängen, ist
nicht abzusprechen, da – wie in Folge noch erläutert wird – die Zuständigkeit für den Betrieb der
Website
www.xyz.at
im
Laufe
des
Beschwerdeverfahrens
(allerdings
erst
nach
der
beschwerderelevanten Datenübermittlung) auf die XYZ123 GmbH mit Sitz in Musterstadt
übergegangen ist. In Bezug auf die Verhängung eines solchen Verbots hätte die Datenschutzbehörde
den Fall an die zuständige deutsche Aufsichtsbehörde heranzutragen.
Ebenso nicht abzusprechen ist über den Antrag auf Verhängung einer Geldbuße, da dieser seitens des
Beschwerdeführers mit Stellungnahme vom 5. Mai 2021 zurückgezogen wurde und dies nunmehr als
Anregung zu verstehen ist.
Schließlich ist festzuhalten, dass mit dem gegenständlichen Teilbescheid nicht über die behaupteten
Verstöße des Zweitbeschwerdegegners gemäß Art. 5 ff iVm Art. 28 Abs. 3 lit. a und Art. 29 DSGVO
abgesprochen wird. Diesbezüglich sind noch weitere Ermittlungsschritte notwendig und wird hierüber
in einem weiteren Bescheid abgesprochen.
C. Sachverhaltsfeststellungen
C.1. Die Erstbeschwerdegegnerin war jedenfalls am 14. August 2020 die Website-Betreiberin von
www.xyz.at. Bei der österreichischen Version von „XYZ“ handelt es sich um ein Informationsportal zum
Thema XY. Die Website www.xyz.at wird nur in deutscher Sprache angeboten. Die
Erstbeschwerdegegnerin betrieb keine anderen Versionen der Website www.xyz.at in der EU. Die
Erstbeschwerdegegnerin ist darüber hinaus nur in Österreich ansässig und besitzt keine weiteren
Niederlassungen in anderen Ländern der EU. Für Deutschland gibt es eine deutsche Version von „XYZ“
unter www.XYZ.de, welche jedoch nicht seitens der Erstbeschwerdegegnerin betrieben wurde.
- 11 –
Beweiswürdigung zu C.1.: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Stellungnahme des
Erstbeschwerdegegners vom 16. Dezember 2020 (Frage 1 bis 3) und wurden insofern nicht seitens
des Beschwerdeführers bestritten.
C.2. Zum 1. Februar 2021 wurde die Website www.xyz.at im Rahmen eines Asset-Deals auf die
XYZ123 GmbH mit Sitz in Musterstadt übertragen. Im Anschluss wurde die Erstbeschwerdegegnerin
von xyz123.at GmbH auf Neue Mustermann GmbH umbenannt. Die Erstbeschwerdegegnerin hat die
Website www.xyz.at bis August 2021 für die XYZ123 GmbH betreut. Die Erstbeschwerdegegnerin ist
seit August 2021 nicht mehr Betreiberin von www.xyz.at und trifft auch nicht mehr die Entscheidung
darüber, ob das Tool Google Analytics zum Einsatz kommt.
Beweiswürdigung zu C.2.: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Stellungnahme der
Erstbeschwerdegegnerin vom 18. Juni 2021 und wurden insofern seitens des Beschwerdeführers nicht
bestritten. Darüber hinaus beruhen die Feststellungen auf einer amtswegigen Recherche der
Datenschutzbehörde im Firmenbuch zur Zl. FN xyz s.
C.3. Der Zweitbeschwerdegegner hat das Tool Google Analytics entwickelt. Bei Google Analytics
handelt es sich um einen Messdienst, der es Kunden des Zweitbeschwerdegegners ermöglicht,
Trafficeigenschaften zu messen. Hierzu zählt auch die Messung des Traffics von Besuchern, die eine
spezifische Website besuchen. Dadurch kann das Verhalten von Website-Besuchern nachvollzogen
und gemessen werden, wie diese mit einer spezifischen Website interagieren. Konkret kann sich ein
Website-Betreiber ein Google Analytics Konto anlegen und so mithilfe eines Dashboards Berichte zur
Website betrachten. Ebenso kann mithilfe von Google Analytics die Wirksamkeit von
Werbekampagnen, die Website-Besitzer auf Google-Anzeigendiensten durchführen, gemessen und
optimiert werden.
Es gibt zwei Versionen von Google Analytics: Eine kostenlose Version sowie eine kostenpflichtige
namens Google Analytics 360. Die kostenlose Version wurde seitens des Zweitbeschwerdegegners
jedenfalls bis Ende April 2021 zur Verfügung gestellt. Seit Ende April 2021 werden beide Google
Analytics Versionen von Google Ireland Limited bereitgestellt.
Beweiswürdigung zu C.3.: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Stellungnahme des
Zweitbeschwerdegegners vom 9. April 2021 (S. 3 sowie Frage 1 und 2) und wurden insofern nicht
seitens des Beschwerdeführers bestritten.
C.4. Die Erstbeschwerdegegnerin – als Website-Betreiberin – hat jedenfalls zum Stichtag 14. August
2020 die Entscheidung getroffen, die kostenlose Version des Tools Google Analytics für die Website
www.xyz.at einzusetzen. Hierzu hat sie einen JavaScript Code („tag“), der seitens des
Zweitbeschwerdegegners zur Verfügung gestellt wird, im Quelltext ihrer Website eingebaut. Die
Erstbeschwerdegegnerin hat das Tool eingesetzt, um allgemeine statistische Auswertungen über das
- 12 –
Verhalten von Website-Besuchern zu ermöglichen. Das Zusatztool Google Signals wurde nicht
aktiviert.
Diese Auswertungen werden seitens der Erstbeschwerdegegnerin jedenfalls dazu genutzt, um den
Inhalt der Website www.xyz.at entsprechend dem allgemeinen Themeninteresse so darzustellen, dass
die auf die meiste Nachfrage stoßenden Channels in den Vordergrund gestellt und die Darstellung je
nach Aktualität eines konkreten Themas angepasst werden kann.
Die Erstbeschwerdegegnerin hat hierzu ein Google Analytics Konto angelegt. Die Google Analytics
Konto-ID mit dem Kontonamen „XYZ“ lautet ***. Die oben angeführten Auswertungen kann die
Erstbeschwerdegegnerin vornehmen, indem sie sich in das „XYZ“ Google Analytics Konto einloggt und
im Dashboard Berichte zum Traffic von www.xyz.at einsehen kann. Die Berichte gliedern sich in die
Kategorien Echtzeit, Zielgruppe, Akquisition, Verhalten und Conversions. Die Erstbeschwerdegegnerin
kann benutzerdefinierte Vorgaben für die Berichterstellung auswählen, der Zweitbeschwerdegegner
nimmt hierauf keinen Einfluss. Der Zweitbeschwerdegegner nimmt auch keinen Einfluss darauf,
inwiefern die Erstbeschwerdegegnerin die erstellten Berichte in weiterer Folge verwendet.
Das Dashboard gestaltet sich auszugsweise wie folgt (Formatierung nicht 1:1 wiedergegeben):
[Anmerkung Bearbeiter: Grafiken wurde entfernt]
Beweiswürdigung zu C.4.: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Eingabe der
Erstbeschwerdegegnerin vom 16. Dezember 2020 und wurden seitens des Beschwerdeführers nicht
bestritten. Der angeführten Screenshots wurden aus Beilage ./1 und ./10 aufgenommen, die
Darstellung der Berichterfassung ist in Beilage ./1 ausführlich dargelegt.
C.5. Das Tool Google Analytics hat folgende Funktionsweise: Wenn Besucher die Website www.xyz.at
ansehen, verweist der im Quelltext der Website eingefügte JavaScript-Code auf eine zuvor auf das
Gerät des Benutzers heruntergeladene JavaScript-Datei, die dann den Tracking-Betrieb für Google
Analytics ausführt. Die Tracking-Operation ruft Daten über die Seitenanfrage mit verschiedenen Mitteln
ab und sendet diese Informationen über eine Liste von Parametern an den Analytics-Server, die an
eine einzelne Pixel-GIF-Bildanfrage angeschlossen ist.
Die Daten, die mithilfe von Google Analytics im Auftrag des Websitebetreibers erhoben werden,
stammen aus folgenden Quellen:
-
die HTTP-Anfrage des Benutzers;
-
Browser/Systeminformationen;
-
(First-Party) Cookies.
Eine HTTP-Anfrage für jede Website enthält Details über den Browser und den Computer, der die
Anfrage stellt, wie etwa Hostname, Browsertyp, Referrer und Sprache. Darüber hinaus bietet die DOM-
- 13 –
Schnittstelle der Browser (die Schnittstelle zwischen HTML und dynamischem JavaScript) Zugriff auf
detailliertere Browser- und Systeminformationen, wie Java- und Flash-Unterstützung und
Bildschirmauflösung. Google Analytics nutzt diese Informationen. Google Analytics setzt und liest auch
First-Party-Cookies auf Browsern eines Benutzers, die die Messung der Benutzersitzung und anderer
Informationen aus der Seitenanfrage ermöglichen.
Wenn alle diese Informationen gesammelt werden, werden diese an die Analytics-Server in Form einer
langen Liste von Parametern gesendet, die an eine einzelne GIF-Bildanfrage (die Bedeutung der GIF-
Anfrageparameter wird hier beschrieben) an die Domain google-analytics.com gesendet werden. Die
in der GIF-Anfrage enthaltenen Daten sind jene, die an die Analytics-Server gesendet und dann
weiterverarbeitet werden und in den Berichten des Websitebetreibers enden.
Auf der Informationsseite des Zweitbeschwerdegegners zum Tool Google Analytics finden sich
auszugsweise folgende Informationen (Formatierung nicht 1:1 wiedergegeben, abgefragt am
22. Dezember 2021):

- 14 –
Beweiswürdigung zu C.5.: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Stellungnahme des
Zweitbeschwerdegegners vom 9. April 2021 (Frage 2) sowie einer amtswegigen Recherche der
Datenschutzbehörde unter https://developers.google.com/analytics/devguides/collection/gajs/cookie-
usage
sowie
https://developers.google.com/analytics/devguides/collection/gtagjs/cookies-user-id
(beide abgefragt am 22. Dezember 2021).
C.6.
Erst-
und
Zweitbeschwerdegegner
haben
einen
Vertrag
mit
dem
Titel
„Auftragsverarbeiterbedingungen für Google Werbeprodukte“ abgeschlossen. Dieser Vertrag hatte in
der Version vom 12. August 2020 zumindest am 14. August 2020 Gültigkeit. Der Vertrag regelt
Auftragsverabeitungsbedingungen für „Google Werbeprodukte“. Er gilt für die Bereitstellung von
Auftragsverarbeiterdiensten und damit im Zusammenhang stehende technischen Supportleistungen für
Kunden des Zweitbeschwerdegegners. Der genannte Vertrag in der Version vom 12. August 2020
(Beilage ./7) wird den Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt.
Darüber hinaus haben Erst- und Zweitbeschwerdegegner am 12. August 2020 einen zweiten Vertrag

- 15 –
mit dem Titel „Google Ads Data Processing Terms: Model Contract Clauses, Standard Contractual
Clauses for Processors“ abgeschlossen. Dabei handelt es sich um Standardvertragsklauseln für den
internationalen Datenverkehr. Auch der genannte zweite Vertrag in der Version vom 12. August 2020
(Beilage ./11) wird den Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt.
Hinsichtlich der in Anhang 1 des zweiten Vertrags angeführten Datenkategorien wird auf den Link
https://privacy.google.com/businesses/adsservices/ verwiesen. Unter dem genannten Link wird
auszugsweise Folgendes angezeigt (rote Hervorhebung seitens der Datenschutzbehörde,
Formatierung nicht 1:1 wiedergegeben, abgefragt am 22. Dezember 2021):

- 16 –
Zusätzlich zum Abschluss von Standardvertragsklauseln hat der Zweitbeschwerdegegner weitere
vertragliche, organisatorische und technische Maßnahmen implementiert. Diese Maßnahmen
ergänzen die in den Standardvertragsklauseln enthaltenen Verpflichtungen. Die Maßnahmen werden
in der Stellungnahme des Zweitbeschwerdegegners vom 9. April 2021, Frage 28 beschrieben. Diese
Beschreibung wird den Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt.
Der
Zweitbeschwerdegegner
veröffentlicht
regelmäßig
sogenannte
Transparenzberichte
(„Transparency Reports“) zu Datenanfragen von US-Behörden. Diese sind abrufbar unter:
https://transparencyreport.google.com/user-data/us-national-security?hl=en
Beweiswürdigung zu C.6.: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Stellungnahme des
Erstbeschwerdegegners vom 16. Dezember 2020, Frage 15. Die angeführte Beilagen ./7 sowie ./11
sind im Akt enthalten und allen Beteiligten bekannt. Darüber hinaus beruhen die getroffenen
Feststellungen
auf
einer
amtswegigen
Recherche
der
Datenschutzbehörde
unter
https://privacy.google.com/businesses/adsservices/ (abgefragt am 22. Dezember 2021). Die
getroffenen Feststellungen im Hinblick auf die „zusätzlich implementierten Maßnahmen“ ergeben sich
aus der Stellungnahme des Zweitbeschwerdegegners vom 9. April 2021 (Frage 28). Die Stellungnahme
des Zweitbeschwerdegegners vom 9. April 2021 ist im Akt enthalten und ist allen Beteiligten bekannt.
Die Feststellung im Hinblick auf die Transparenzberichte ergibt sich aus einer amtswegigen Recherche
der
Datenschutzbehörde
unter
https://transparencyreport.google.com/user-data/us-national-
security?hl=en (abgefragt am 22. Dezember 2021).
- 17 –
C.7. Im Zuge der Verwendung des Tools Google Analytics wird die Möglichkeit angeboten, eine „IP-
Anonymisierungsfunktion“ zu verwenden. Diese Funktion wurde jedenfalls am 14. August 2020 nicht
korrekt auf www.xyz.at implementiert.
Beweiswürdigung zu C.7.: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Stellungnahme der
Erstbeschwerdegegnerin vom 18. Juni 2021. Darin räumt diese ein, dass die genannte „IP-
Anonymisierungsfunktion“ aufgrund eines Codefehlers nicht ordnungsgemäß implementiert wurde.
C.8. Der Beschwerdeführer besuchte zumindest am 14. August 2020, um 10:45 Uhr, die Website
www.xyz.at. Während des Besuchs war er in seinem Google-Konto eingeloggt, welches mit der E-Mail-
Adresse xxxxxxxxxxxxxx@xxxxx.xxx verknüpft ist. Die E-Mail-Adresse gehört dem Beschwerdeführer.
Der Beschwerdeführer hatte in der Vergangenheit den Nachnamen „Mustername“.
Bei einem Google-Konto handelt es sich um ein Benutzerkonto, welches zur Authentifizierung bei
verschiedenen Google-Onlinediensten des Zweitbeschwerdegegners dient. So ist ein Google-Konto
etwa Voraussetzung für die Nutzung von Diensten wie “Gmail“ oder „Google Drive“ (ein Filehosting-
Dienst).
Beweiswürdigung zu C.8.: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Eingabe des
Beschwerdeführers vom 18. August 2020 (S. 3) und wurden seitens der Beschwerdegegner nicht
bestritten. Die getroffenen Feststellungen im Hinblick auf die grundsätzlichen Funktionen eines Google-
Kontos
beruhen
auf
einer
amtswegigen
Recherche
der
Datenschutzbehörde
unter
https://support.google.com/accounts/answer/27441?hl=de sowie https://policies.google.com/privacy
(beide abgefragt am 22. Dezember 2021).
C.9. In der Transaktion zwischen dem Browser des Beschwerdeführers und https://tracking.XYZ123.at/
wurden am 14. August 2020, um *** MEZ einzigartige Nutzer-Identifikations-Nummern zumindest in
den Cookies „_ga“ und _“gid“ gesetzt. In Folge wurden diese Kennnummern am 14. August 2020, um
*** MEZ an https://www.google-analytics.com/ und somit an den Zweitbeschwerdegegner übermittelt.
Konkret wurden folgende Nutzer-Identifikations-Nummern, die sich im Browser des Beschwerdeführers
befinden, an den Zweitbeschwerdegegner übermittelt (gleiche Werte, die jeweils in verschiedenen
Transaktionen aufgetreten sind, wurden jeweils farblich mit orange und grün gekennzeichnet):
[Anmerkung Bearbeiter: Grafik wurde entfernt]
Diese Kennnummern enthalten jeweils am Ende einen UNIX-Zeitstempel, aus dem sich ergibt, wann
das jeweilige Cookie gesetzt wurde. Die Kennnummer im _gid-Cookie mit dem UNIX-Zeitstempel
„1234***“ wurde am Mittwoch, 14. August 2020, um *** MEZ gesetzt, jene im cid-Cookie mit dem UNIX-
Zeitstempel „4321***“ am Freitag, 12 August 2020, um *** MEZ.
- 18 –
Mithilfe dieser Kennnummern ist es für die Beschwerdegegner möglich, Website-Besucher zu
unterscheiden und auch die Information zu erhalten, ob es sich um einen neuen oder um einen
wiederkehrenden Website-Besucher von www.xyz.at handelt.
Darüber hinaus wurden jedenfalls auch folgende Informationen (Parameter) über den Browser des
Beschwerdeführers im Zuge von Anfragen (Requests) an https://www.google-analytics.com/collect an
den
Zweitbeschwerdegegner
übermittelt
(Auszug
aus
der
HAR-Datei,
Request
URL
https://www.google-analytics.com/collect, Auszug der Anfrage mit Zeitstempel ****):
[Anmerkung Sachbearbeiter: Informationen zu den Browserdaten wurden entfernt]
Aus diesen Parametern können somit Rückschlüsse auf den verwendeten Browser, die
Browsereinstellungen, Sprachauswahl, die besuchte Website, die Farbtiefe, die Bildschirmauflösung
und die AdSense-Linking-Nummer gezogen werden.
Bei der Remote Adresse *** handelt es sich um jene des Zweitbeschwerdegegners.
Die IP-Adresse des Geräts des Beschwerdeführers wird im Rahmen dieser Anfragen an
https://www.google-analytics.com/collect an den Zweitbeschwerdegegner übermittelt.
Der Inhalt der HAR-Datei (Beilage ./4), welche seitens des Beschwerdeführers mit Eingabe vom
18. August 2020 vorgelegt wurde, wird den Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt.
Beweiswürdigung zu C.9.: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Eingabe des
Beschwerdeführers vom 18. August 2020 und der darin vorgelegten HAR-Datei, Beilage ./4. Bei einer
HAR-Datei handelt es sich um ein Archivformat für HTTP-Transaktionen. Die HAR-Datei wurde seitens
der Datenschutzbehörde überprüft. Das Vorbringen des Beschwerdeführers stimmt mit den darin
enthaltenen Archivdaten überein. Die vorgelegte HAR-Datei (bzw. deren Inhalt) ist den Beteiligten
bekannt. Darüber hinaus beruhen die getroffenen Feststellungen auf der Stellungnahme des
Beschwerdeführers vom 5. Mai 2021 (S. 8 ff) und den darin enthaltenen Screenshots. Wie bereits oben
ausgeführt, liegt nach Angaben des Zweitbeschwerdegegners der Zweck der Kennnummern darin,
Benutzer zu unterscheiden. Die festgestellten Zeitpunkte der Cookiesetzung errechnen sich aus den
jeweiligen UNIX-Zeitstempeln. Die Unixzeit ist eine Zeitdefinition, die für das Betriebssystem Unix
entwickelt und als POSIX-Standard festgelegt wurde. Die Unixzeit zählt die vergangenen Sekunden
seit Donnerstag, dem 1. Jänner 1970, 00:00 Uhr UTC. Die Feststellung im Hinblick auf die Remote-
Adresse ergibt sich aus einer amtswegigen Who-Is-Abfrage der Datenschutzbehörde unter
https://who.is/whois-ip/ip-address/*** (abgefragt am 22. Dezember 2021).
C.10. Soweit das Tool Google Analytics auf einer Website implementiert ist, hat der
Zweitbeschwerdegegner die technische Möglichkeit, die Information zu bekommen, dass ein
bestimmter Google-Account-Nutzer diese Website (auf der Google Analytics implementiert ist) besucht
- 19 –
hat, sofern dieser Google-Account-Nutzer während des Besuchs im Google Konto eingeloggt ist.
Beweiswürdigung zu C.10.: In seiner Stellungnahme vom 9. April 2021 hat der Zweitbeschwerdegegner
bei Frage 9 zwar vorgebracht, dass er eine derartige Information nur bekommt, wenn gewisse
Voraussetzungen erfüllt sind, wie etwa die Aktivierung von spezifischen Einstellungen im Google-
Account. Nach Auffassung der Datenschutzbehörde vermag dieses Vorbringen nicht zu überzeugen.
Wenn nämlich dem Wunsch eines Google-Account-Nutzers nach „Personalisierung“ der erhaltenen
Werbeinformationen aufgrund einer Willenserklärung im Konto entsprochen werden kann, so besteht
aus rein technischer Sicht die Möglichkeit, die Information über die besuchte Website des Google-
Account-Nutzers zu erhalten. In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich auf die datenschutzrechtliche
Rechenschaftspflicht hinzuweisen, auf welche im Rahmen der rechtlichen Beurteilung näher
eingegangen wird. Für die Sachverhaltsfeststellung bedeutet diese datenschutzrechtliche
Rechenschaftspflicht, dass die Beschwerdegegner (bzw. jedenfalls die Erstbeschwerdegegnerin als
Verantwortliche) – und nicht der Beschwerdeführer oder die Datenschutzbehörde – einen
ausreichenden Beweis erbringen muss. Ein solch ausreichender Beweis – also, dass aus technischer
Sicht keine Möglichkeit des Datenerhalts für den Zweitbeschwerdegegner besteht – wurde in diesem
Zusammenhang nicht erbracht, zumal es gerade ein wesentlicher Bestandteil des Konzepts von Google
Analytics ist, auf möglichst vielen Websites implementiert zu werden, um Daten sammeln zu können.
C.11. Die Erstbeschwerdegegnerin hat den Zweitbeschwerdegegner im Laufe des Verfahrens
angewiesen, alle über die Google Analytics Properties gesammelten Daten für die Website www.xyz.at
zu löschen. Der Zweitbeschwerdegegner hat die Löschung bestätigt.
Beweiswürdigung zu C.11.: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Stellungnahme der
Erstbeschwerdegegnerin vom 18. und 24. Juni 2021 sowie der vorgelegten Kopie der Korrespondenz
zwischen Erst- und Zweitbeschwerdegegner.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
D.1. Allgemeines
a) Zur Zuständigkeit der Datenschutzbehörde
Der Europäische Datenschutzausschuss (in Folge: EDSA) hat sich bereits mit dem Verhältnis zwischen
DSGVO und Richtlinie 2002/58/EG („e-Datenschutz-RL“) auseinandergesetzt (vgl. die
Stellungnahme 5/2019 zum Zusammenspiel zwischen der e-Datenschutz-RL und der DSGVO vom
12. März 2019).
Auch
die
Datenschutzbehörde
hat
sich
mit
Bescheid
vom
30.
November
2018,
Zl. DSB-D122.931/0003-DSB/2018, mit dem Verhältnis zwischen DSGVO und der nationalen
- 20 –
Umsetzungsbestimmung (in Österreich nunmehr: TKG 2021, BGBl. I Nr. 190/2021 idgF)
auseinandergesetzt.
Dabei wurde grundsätzlich festgehalten, dass die e-Datenschutz-RL (bzw. die jeweils nationale
Umsetzungsbestimmung) der DSGVO als
lex specialis vorgeht. So normiert Art. 95 DSGVO, dass die
Verordnung natürlichen oder juristischen Personen in Bezug auf die Verarbeitung in Verbindung mit
der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste in öffentlichen
Kommunikationsnetzen in der Union keine zusätzlichen Pflichten auferlegt, soweit sie besonderen in
der e-Datenschutz-RL festgelegten Pflichten unterliegen, die dasselbe Ziel verfolgen.
In der e-Datenschutz-RL finden sich jedoch keine Pflichten im Sinne von Kapitel V der DSGVO für den
Fall der Übermittlung von personenbezogenen Daten an Drittländer oder an internationale
Organisationen.
Festzuhalten ist an dieser Stelle erneut, dass die Zuständigkeit für den Betrieb der Website www.xyz.at
erst nach der beschwerderelevanten Datenübermittlung am 14. August 2020 auf eine deutsche
Gesellschaft übergegangen ist.
Vor diesem Hintergrund ist auf eine solche Datenübermittlung die DSGVO anzuwenden und besteht
somit eine Zuständigkeit der Datenschutzbehörde zur Behandlung der gegenständlichen Beschwerde
nach Art. 77 Abs. 1 DSGVO.
b) Zu Art. 44 DSGVO als subjektives Recht
Ausgehend von der bisherigen Spruchpraxis der Datenschutzbehörde und der Gerichte ist festzuhalten,
dass sowohl die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung nach Art. 5 Abs. 1 lit. a iVm Art. 6 ff DSGVO
als auch die in Kapitel III der Verordnung postulierten datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte als
subjektives Recht im Rahmen einer Beschwerde nach Art. 77 Abs. 1 DSGVO geltend gemacht werden
können.
Die Übermittlung von personenbezogenen Daten in ein Drittland, welches im Sinne des Art. 44 DSGVO
(behauptetermaßen) kein angemessenes Schutzniveau gewährleistet, war bislang noch nicht
Beschwerdegegenstand im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vor der Datenschutzbehörde.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass Art. 77 Abs. 1 DSGVO (und im Übrigen auch die
nationale Bestimmung des § 24 Abs. 1 DSG) für die Inanspruchnahme des Beschwerderechts nur
voraussetzt,
dass „[…] die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen diese
Verordnung verstößt“.
Auch der EuGH ist in seinem Urteil vom 16. Juli 2020 davon ausgegangen, dass die Feststellung, dass
„[…] das Recht und die Praxis eines Landes kein angemessenes Schutzniveau gewährleisten […]“
sowie
„[…] die Vereinbarkeit dieses (Angemessenheits-) Beschlusses mit dem Schutz der Privatsphäre
- 21 –
sowie der Freiheiten und Grundrechte von Personen […]“ im Rahmen einer Beschwerde nach Art. 77
Abs. 1 DSGVO als subjektives Recht geltend gemacht werden kann (vgl. das Urteil des EuGH vom
16. Juli 2020, C‑311/18 Rz 158).
Zwar ist festzuhalten, dass die Vorlagefrage des genannten Verfahrens nicht den „Umfang des
Beschwerderechts von Art. 77 Abs. 1 DSGVO“ zum Gegenstand hatte; der EuGH hat aber den
Umstand, dass auch ein Verstoß gegen Bestimmungen von Kapitel V DSGVO im Rahmen einer
Beschwerde nach Art. 77 Abs. 1 DSGVO geltend gemacht werden kann, offenkundig als notwendige
Voraussetzung erachtet. Bei anderer Betrachtung hätte der EuGH wohl ausgesprochen, dass die Frage
der Gültigkeit eines Angemessenheitsbeschlusses im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gar nicht
geklärt werden kann.
Soweit der Zweitbeschwerdegegner darüber hinaus die Geltendmachung von Art. 44 DSGVO als
subjektives Recht – unter Verweis auf den Wortlaut von ErwGr 141 leg.cit. – in Abrede stellt, ist dem
zu entgegnen, dass der genannte ErwGr daran anknüpft, dass die „Rechte gemäß dieser Verordnung“
einer Beschwerde nach Art. 77 Abs. 1 DSGVO zugänglich sind (und nicht etwa: „die Rechte nach
Kapitel III dieser Verordnung“).
Zwar wird in der DSGVO an gewissen Stellen der Begriff „Rechte einer betroffenen Person“ verwendet,
dies bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass nicht auch andere Normen, in denen diese
Formulierung nicht gewählt wird, als subjektives Recht geltend gemacht werden können. Die meisten
Bestimmungen der DSGVO sind nämlich einerseits eine Verpflichtung des Verantwortlichen (und teils
des Auftragsverarbeiters), können aber andererseits auch als subjektives Betroffenenrecht geltend
gemacht werden. So ist etwa unstrittig, dass Art. 13 und Art. 14 DSGVO ein subjektives
Informationsrecht begründen, obwohl das Informationsrecht nicht in Art. 12 Abs. 2 leg. cit. als „ihre
Rechte“ (also „Rechte des Betroffenen“) angeführt wird und Art. 13 und Art. 14 DSGVO dem Wortlaut
nach als Informationspflicht des Verantwortlichen konzipiert sind.
Entscheidend ist, ob eine betroffene Person durch eine behauptete Rechtsverletzung in einer
individuellen Rechtsposition beeinträchtigt wird. Die behauptete Rechtsverletzung muss sich daher
negativ auf die betroffene Person auswirken und sie beeinträchtigen.
Abgesehen davon sind die ErwGr zwar ein wichtiges Instrument zur Auslegung der DSGVO, allerdings
können sie nicht dazu verwendet werden, um zu einem mit dem Verordnungstext im Widerspruch
stehenden Ergebnis (hier wie oben ausgeführt der Umstand, dass der verwaltungsrechtliche
Rechtsbehelf allgemein an „die Verarbeitung“ anknüpft) zu gelangen (vgl. das Urteil des EuGH vom
12. Mai 2005, C-444/03 Rz 25 und die dort angeführte weitere Judikatur).
Schließlich ist auch nach innerstaatlicher Judikatur des VwGH im Zweifel davon auszugehen, dass
Normen, die ein behördliches Vorgehen auch und gerade im Interesse des Betroffenen vorschreiben,
- 22 –
diesem ein subjektives, also im Beschwerdeweg durchsetzbares Recht einräumen (vgl. etwa
VwSlg. 9151 A/1976, 10.129 A/1980, 13.411 A/1991, 13.985 A/1994).
Vor dem Hintergrund des Wortlauts von Art. 77 Abs. 1 DSGVO sowie der angeführten Judikatur des
EuGH und des VwGH ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die in Kapitel V und insbesondere
die in Art. 44 DSGVO normierte Verpflichtung für Verantwortliche und Auftragsverarbeiter, das durch
die Verordnung gewährleistete Schutzniveau für natürliche Personen sicherzustellen, umgekehrt auch
als subjektives Recht vor der zuständigen Aufsichtsbehörde gemäß Art. 77 Abs. 1 DSGVO geltend
gemacht werden kann.
c) Zur Feststellungskompetenz der Datenschutzbehörde
Nach der Judikatur des VwGH und des BVwG kommt der Datenschutzbehörde eine
Feststellungskompetenz im Hinblick auf Verletzungen des Rechts auf Geheimhaltung in
Beschwerdeverfahren zu (so ausdrücklich das Erkenntnis des BVwG vom 20. Mai 2021,
Zl. W214 222 6349-1/12E; implizit das Erkenntnis des VwGH vom 23. Februar 2021, Ra 2019/04/0054,
worin
sich
dieser
mit
der
Feststellung
einer
in
der
Vergangenheit
liegenden
Geheimhaltungspflichtverletzung auseinandergesetzt hat, ohne die Unzuständigkeit der belangten
Behörde aufzugreifen).
Es bestehen keine sachlichen Gründe, die Feststellungskompetenz gemäß Art. 58 Abs. 6 DSGVO iVm
§ 24 Abs. 2 Z 5 DSGVO und Abs. 5 DSG nicht auch für die Feststellung einer Verletzung von Art. 44
DSGVO heranzuziehen, da auch im gegenständlichen Fall u.a. eine in der Vergangenheit liegende
Rechtsverletzung – nämlich eine Datenübermittlung in die USA – moniert wird und das
Beschwerderecht gemäß § 24 Abs. 1 DSG – ebenso wie Art. 77 Abs. 1 DSGVO – allgemein an einen
Verstoß gegen die DSGVO anknüpft. Wenn der Spruch eines Bescheids in einem
Beschwerdeverfahren nämlich ausschließlich Anweisungen nach Art. 58 Abs. 2 DSGVO enthalten
könnte, wäre im Ergebnis kein Raum für § 24 Abs. 2 Z 5 und 24 Abs. 5 DSG.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegner kommt § 24 Abs. 6 DSG für den hier relevanten
Beschwerdegegenstand nicht in Betracht, da eine Datenübermittlung in der Vergangenheit moniert
wird. Mit anderen Worten: Die behauptete Unrechtmäßigkeit (hier: Unvereinbarkeit mit Art. 44 DSGVO)
einer bereits abgeschlossenen Datenübermittlung ist einem Verfahrensabschluss gemäß § 24 Abs. 6
DSG nicht zugänglich.
Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen ist als weiteres Zwischenergebnis festzuhalten, dass die
Feststellungskompetenz der Datenschutzbehörde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren
gegeben ist.
- 23 –
D.2. Spruchpunkt 1
Wie festgestellt, setzte die Datenschutzbehörde das gegenständliche Verfahren mit Bescheid vom
2. Oktober 2020, Zl. D155.027, 2020-0.527.385, bis zur Feststellung, welche Behörde für die inhaltliche
Verfahrensführung zuständig ist (federführende Aufsichtsbehörde) bzw. bis zur Entscheidung einer
federführenden Aufsichtsbehörde oder des EDSA, aus.
Ausgehend
von
den
nunmehrigen
Ermittlungsergebnissen
ist
festzuhalten,
dass
eine
grenzüberschreitende Datenverarbeitung im Sinne der Art. 4 Z 23 iVm Art. 56 Abs. 1 DSGVO in Bezug
auf den Beschwerdegegenstand – eine Datenübermittlung in die USA im August 2020 – nicht vorliegt
und der „One-Stop-Shop“ - Mechanismus gemäß Art. 60 DSGVO daher hierfür keine Anwendung
findet:
So ist der Erstbeschwerdegegner laut eigenen Angaben (vgl. Stellungnahme vom 16. Dezember 2020,
Frage 2) weder in mehr als einem Mitgliedstaat niedergelassen (eine Datenverarbeitung im Sinne des
Art. 4 Z 23 lit. a DSGVO im Rahmen der Tätigkeit von Niederlassungen in mehr als einem Mitgliedsstaat
kann daher nicht vorliegen), noch hat die Datenübermittlung und damit die Verarbeitung
personenbezogener Daten des Erstbeschwerdegegners erhebliche Auswirkungen auf betroffene
Personen in mehr als einem Mitgliedstaat (Art. 4 Z 23 lit. b leg. cit.).
Im Hinblick auf die Auswirkungen der gegenständlichen Datenverarbeitung ergibt sich aus den
Sachverhaltsfeststellungen, dass das Zielpublikum der hier relevanten Website www.xyz.at nämlich
(primär) in Österreich niedergelassene Personen sind, auch weil es mit der Website www.XYZ.de eine
eigene Version für das deutsche Publikum gibt. Laut Angaben der Erstbeschwerdegegnerin (vgl. die
Stellungnahme vom 16. Dezember 2020, Frage 2) war dieser (jedenfalls im August 2020) nur für die
österreichische Version von www.xyz.at verantwortlich.
Die theoretische Möglichkeit, dass deutschsprachige Personen aus einem anderen Mitgliedstaat als
Österreich auf www.xyz.at zugreifen können, vermag den Tatbestand „Auswirkungen auf betroffene
Personen in mehr als einem Mitgliedstaat“ gemäß Art. 4 Z 23 lit. b DSGVO nicht zu begründen. Bei
einer davon abweichenden Betrachtung wäre jede Beschwerde gegen den Betreiber einer Website –
unabhängig vom intendierten Zielpublikum der Website – gemäß den Regeln nach Art. 60 ff DSGVO
zu behandeln. Dies würde zu einer zu weiten Interpretation von Art. 4 Z 23 lit. b DSGVO (und folglich
zu einem zu weiten Anwendungsbereich des „One-Stop-Shop) führen, was – nach Auffassung der
Datenschutzbehörde – vom Verordnungsgeber nicht gewollt sein kann.
Folgerichtig war die Beschwerde in Bezug auf den hier relevanten Beschwerdegegenstand
ausschließlich von der österreichischen Datenschutzbehörde gemäß Art. 55 Abs. 1 DSGVO zu
behandeln.
- 24 –
Da von Amts wegen Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der
Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich
in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden können, und infolge einer
Verfahrensaussetzung einer Partei des Verfahrens kein Recht auf Nichtentscheidung entsteht, war der
oben angeführte Bescheid vom 2. Oktober 2020 einer Behebung gemäß § 68 Abs. 2 AVG zugänglich.
D.2. Spruchpunkt 2. a)
a) Allgemeines zum Begriff „personenbezogene Daten“
Der sachliche Anwendungsbereich des Art. 2 Abs. 1 DSGVO – und somit der Erfolg dieser
Beschwerde – setzt grundlegend voraus, dass „personenbezogene Daten“ verarbeitet werden.
Gemäß der Legaldefinition des Art. 4 Z 1 DSGVO sind „
personenbezogene Daten alle Informationen,
die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“)
beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt,
insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu
Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen
identifiziert werden kann, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen,
wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden
kann“.
Wie sich aus den Sachverhaltsfeststellungen ergibt (vgl. Punkt C.9.), hat die Erstbeschwerdegegnerin
– als Betreiberin der Website – das Tool Google Analytics auf ihrer Website implementiert. Als Folge
dieser Implementierung – also ausgelöst durch den beim Websitebesuch ausgeführten JavaScript
Code – wurden zumindest folgende Informationen vom Browser des Beschwerdeführers, der die
Website www.xyz.at besucht hat, an die Server des Zweitbeschwerdegegners übermittelt:
-
einzigartige Online-Kennungen („unique identifier“), die sowohl den Browser bzw. das Gerät des
Beschwerdeführers als auch den Erstbeschwerdegegner (durch die Google Analytics Account
ID des Erstbeschwerdegegners als Websitebetreiber) identifizieren;
-
die Adresse und den HTML-Titel der Website sowie die Unterseiten, die der Beschwerdeführer
besucht hat;
-
Informationen zum Browser, Betriebssystem, Bildschirmauflösung, Sprachauswahl sowie
Datum und Uhrzeit des Website-Besuchs;
-
die IP-Adresse des Geräts, welches der Beschwerdeführer verwendet hat.
Zu überprüfen ist, ob diese Informationen unter die Definition von Art. 4 Z 1 DSGVO fallen, es sich also
um personenbezogene Daten des Beschwerdeführers handelt.
b) Kennnummern als „personenbezogene Daten“
- 25 –
Im Hinblick auf die Online-Kennungen ist erneut in Erinnerung zu rufen, dass die gegenständlichen
Cookies “_ga” bzw. „cid“ (Client ID) und “_gid” (User ID) einzigartige Google Analytics Kennnummern
enthalten und auf dem Endgerät bzw. im Browser des Beschwerdeführers abgelegt wurden. Wie
festgestellt, ist es gewissen Stellen – hier etwa den Beschwerdegegnern – möglich, mithilfe dieser
Kennnummern Website-Besucher zu unterscheiden und auch die Information zu erhalten, ob es sich
um einen neuen oder um einen wiederkehrenden Website-Besucher von www.xyz.at handelt. Mit
anderen Worten: Erst der Einsatz solcher Kennnummern ermöglicht eine Unterscheidung von Website-
Besuchern, die vor dieser Zuordnung nicht möglich war.
Nach Auffassung der Datenschutzbehörde liegt ein Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz gemäß
Art. 8 EU-GRC sowie § 1 DSG bereits dann vor, wenn gewisse Stellen Maßnahmen setzen – hier die
Zuordnung solcher Kennnummern – um Website-Besucher derart zu individualisieren.
Ein Maßstab an die „Identifizierbarkeit“ dahingehend, dass es sofort möglich sein muss, solche
Kennnummern auch mit einem bestimmten „Gesicht“ einer natürlichen Person – also insbesondere mit
dem Namen des Beschwerdeführers – in Verbindung zu bringen, ist nicht geboten (vgl. hierzu bereits
die Stellungnahme 4/2007, WP 136, 01248/07/DE der ehemaligen Art. 29-Datenschutzgruppe zum
Begriff „personenbezogene Daten“ S. 16 f; vgl. die Orientierungshilfe der Aufsichtsbehörden für
Anbieter von Telemedien aus März 2019, S. 15).
Für eine solche Auslegung spricht ErwGr 26 DSGVO, wonach bei der Frage, ob eine natürliche Person
identifizierbar ist,
„[…] al e Mittel berücksichtigt werden, die von dem Verantwortlichen oder einer
anderen Person nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich genutzt werden, um die natürliche Person
direkt oder indirekt zu identifizieren, wie beispielsweise das Aussondern“ (englische Sprachfassung der
Verordnung: „singling out“). Unter dem Begriff „Aussondern“ ist das „Heraussuchen aus einer Menge“
zu verstehen (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/aussondern, abgefragt am 22. Dezember
2021), was den oben angeführten Überlegungen zur Individualisierung von Website-Besuchern
entspricht.
In der Literatur wird ebenso ausdrücklich vertreten, dass bereits ein „digitaler Fußabdruck“, der es
erlaubt, Geräte – und in weiterer Folge den konkreten Nutzer – eindeutig zu individualisieren, ein
personenbezogenes Datum darstellt (vgl.
Karg in
Simitis/Hornung/Spiecker, DSGVO Kommentar Art. 4
Z 1 Rz 52 mwN). Diese Überlegung kann aufgrund der Einzigartigkeit der Kennnummern auf den
gegenständlichen Fall übertragen werden, zumal – worauf sogleich näher einzugehen ist – diese
Kennnummern auch mit weiteren Elementen kombiniert werden können.
Soweit die Beschwerdegegner ins Treffen führen, dass keine „Mittel“ verwendet würden, um die hier
gegenständlichen Kennnummern mit der Person des Beschwerdeführers in Verbindung zu bringen, ist
ihnen neuerlich entgegenzuhalten, dass die Implementierung von Google Analytics auf www.xyz.at eine
Aussonderung iSd ErwGr 26 DSGVO zur Folge hat. Mit anderen Worten: Wer ein Tool verwendet,
- 26 –
welches eine solche Aussonderung gerade erst ermöglicht, kann sich nicht auf den Standpunkt stellen,
nach „allgemeinem Ermessen“ keine Mittel zu verwenden, um natürliche Personen identifizierbar zu
machen.
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die hier gegenständlichen Google Analytics
Kennnummern personenbezogene Daten (in Form einer Online-Kennung) gemäß Art. 4 Z 1 DSGVO
sein können.
c) Kombination mit weiteren Elementen
Noch deutlicher erkennbar wird die Erfüllung des Tatbestands von Art. 4 Z 1 DSGVO, wenn man
berücksichtigt, dass die Kennnummern mit weiteren Elementen kombiniert werden können:
Durch eine Kombination all dieser Elemente – also einzigartige Kennnummern und die weiteren, oben
angeführten Informationen wie Browserdaten oder IP-Adresse – ist es nämlich umso wahrscheinlicher,
dass der Beschwerdeführer identifiziert werden kann (vgl. erneut ErwGr 30 DSGVO). Der „digitale
Fußabdruck“ des Beschwerdeführers wird durch eine solche Kombination noch einzigartiger.
Dabei kann das Vorbringen der Beschwerdegegner rund um die „Anonymisierungsfunktion der IP-
Adresse“ dahingestellt bleiben, da die Beschwerdegegner eingeräumt haben, dass diese Funktion (zum
beschwerdegegenständlichen Zeitpunkt) nicht korrekt implementiert wurde (vgl. etwa die
Stellungnahme der Erstbeschwerdegegnerin vom 18. Juni 2021).
Ebenso kann die Frage, ob eine IP-Adresse isoliert betrachtet ein personenbezogenes Datum ist,
dahingestellt bleiben, da diese – wie erwähnt – mit weiteren Elementen (insbesondere der Google
Analytics Kennnummer) kombiniert werden kann. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die
IP-Adresse nach Judikatur des EuGH ein personenbezogenes Datum darstellen kann (vgl. die Urteile
des EuGH vom 17. Juni 2021, C‑597/19, Rz 102, sowie vom 19. Oktober 2016, C‑582/14, Rz 49) und
diese ihre Eigenschaft als personenbezogenes Datum nicht bloß deshalb verliert, weil die Mittel zur
Identifizierbarkeit bei einem Dritten liegen.
Schließlich weist die Datenschutzbehörde darauf hin, dass es gerade ein wesentlicher Bestandteil des
Konzepts von Google Analytics (jedenfalls in der unentgeltlichen Version) ist, auf möglichst vielen
Websites implementiert zu werden, um Informationen über Website-Besuchern zu sammeln.
Demzufolge wäre es mit dem Grundrecht auf Datenschutz gemäß Art. 8 EU-GRC bzw. § 1 DSG
unvereinbar, die Anwendbarkeit der DSGVO auf die mit dem Tool Google Analytics im Zusammenhang
stehenden Datenverarbeitungen – bei denen einzelne Website-Besucher anhand der Google Analytics
Kennnummer individualisiert werden – auszuschließen.
- 27 –
d) Rückführbarkeit auf den Beschwerdeführer
Unabhängig von den obenstehenden Überlegungen ist aber ohnedies von einer Rückführbarkeit zum
„Gesicht“ des Beschwerdeführers – etwa dessen Namen – auszugehen:
Es ist nämlich nicht erforderlich, dass die Beschwerdegegner jeweils alleine einen Personenbezug
herstellen können, dass also alle für die Identifizierung erforderlichen Informationen bei diesen sind
(vgl. die Urteile des EuGH vom 20. Dezember 2017, C-434/16, Rz 31, sowie vom 19. Oktober 2016,
C‑582/14, Rz 43). Vielmehr ist ausreichend, dass irgendjemand – mit rechtlich zulässigen Mitteln und
vertretbarem Aufwand – diesen Personenbezug herstellen kann (vgl.
Bergauer in
Jahnel, DSGVO
Kommentar Art. 4 Z 1 Rz 20 mVa
Albrecht/Jotzo, Das neue Datenschutzrecht der EU 58).
Eine derartige Interpretation des Anwendungsbereichs von Art. 4 Z 1 DSGVO ist – neben den
angeführten Rechts- und Literaturquellen – aus ErwGr 26 DSGVO ableitbar, wonach bei der Frage der
Identifizierbarkeit nicht nur die Mittel des Verantwortlichen (hier: der Erstbeschwerdegegnerin) zu
berücksichtigen sind, sondern auch jene „einer anderen Person“ (englische Sprachfassung der
Verordnung: „by another person“). Ebenso ergibt sich dies aus dem Gedanken, betroffenen Personen
einen möglichst großen Schutz ihrer Daten zu bieten.
So hat der EuGH wiederholt ausgesprochen, dass der Anwendungsbereich der DSGVO „sehr weit“ zu
verstehen ist (vgl. etwa die Urteile des EuGH vom 22. Juni 2021, C‑439/19, Rz 61; zur insofern
vergleichbaren Rechtslage die Urteile vom 20. Dezember 2017, C‑434/16, Rz 33, sowie vom 7. Mai
2009, C‑553/07, Rz 59).
Nicht übersehen wird, dass nach ErwGr 26 DSGVO auch zu berücksichtigen ist, mit welcher
„Wahrscheinlichkeit“ irgendjemand Mittel nutzt, um natürliche Person direkt oder indirekt zu
identifizieren. Tatsächlich ist nach Auffassung der Datenschutzbehörde der Begriff „irgendjemand“ –
und somit der Anwendungsbereich des Art. 4 Z 1 DSGVO – zwar nicht derart weit zu interpretieren,
dass irgendein unbekannter Akteur theoretisch Spezialwissen haben könnte, um einen Personenbezug
herzustellen; dies würde nämlich dazu führen, dass beinahe jede Information in den
Anwendungsbereich der DSGVO fällt und eine Abgrenzung zu nicht-personenbezogenen Daten
schwierig oder gar unmöglich wird.
Entscheidend ist vielmehr, ob mit vertretbarem und zumutbarem Aufwand eine Identifizierbarkeit
hergestellt werden kann (vgl. dazu den Bescheid vom 5. Dezember 2018, GZ DSB-D123.270/0009-
DSB/2018, wonach personenbezogene Daten nicht – mehr – vorliegen, wenn der Verantwortliche oder
ein Dritter nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einen Personenbezug herstellen kann).
Im gegenständlichen Fall gibt es aber nun bestimmte Akteure, die ein Spezialwissen besitzen, welches
es ermöglicht, im Sinne der obigen Ausführungen einen Bezug zum Beschwerdeführer herstellen und
ihn daher zu identifizieren.
- 28 –
Dies ist zunächst der Zweitbeschwerdegegner:
Wie sich aus den Sachverhaltsfeststellungen ergibt, war der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des
Besuchs der Website www.xyz.at mit seinem Google-Account xxxxxxxxxxxxxx@xxxxx.xxx eingeloggt.
Der Zweitbeschwerdegegner hat ausgeführt, dass dieser aufgrund des Umstands, dass das Tool
Google Analytics auf einer Website implementiert ist, Informationen erhält. Hierzu zählt die Information,
dass ein gewisser Google-Account-Nutzer eine gewisse Website besucht hat (vgl. die Stellungnahme
vom 9. April 2021, Frage 9).
Dies bedeutet, dass der Zweitbeschwerdegegner zumindest die Information erhalten hat, dass der
Nutzer des Google-Accounts xxxxxxxxxxxxxx@xxxxx.xxx die Website www.xyz.at besucht hat.
Selbst wenn man also die Auffassung vertritt, dass die oben angeführten Online-Kennungen einem
gewissen „Gesicht“ zuordenbar sein müssen, kann eine solche Zuordnung jedenfalls über den Google-
Account des Beschwerdeführers erfolgen.
Nicht übersehen werden die weiteren Ausführungen des Zweitbeschwerdegegners, dass für eine
solche Zuordnung gewisse Voraussetzungen zu erfüllen seien, wie etwa die Aktivierung von
spezifischen Einstellungen im Google-Account (vgl. erneut dessen Stellungnahme vom 9. April 2021,
Frage 9).
Wenn jedoch – und dies hat der Beschwerdeführer überzeugend ausgeführt – die Identifizierbarkeit
eines Website-Besuchers nur davon abhängt, ob gewisse Willenserklärungen im Konto abgegeben
werden, liegen (aus technischer Sicht) alle Möglichkeiten für eine Identifizierbarkeit vor. Bei anderer
Betrachtung könnte der Zweitbeschwerdegegner den in den Kontoeinstellungen ausgedrückten
Wünschen eines Nutzers nach „Personalisierung“ der erhaltenen Werbeinformationen nicht
entsprechen.
In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich auf den unmissverständlichen Wortlaut von Art. 4 Z 1
DSGVO hinzuweisen, der an ein Können anknüpft („identifiziert werden kann“) und nicht daran, ob eine
Identifizierung letztlich auch vorgenommen wird.
Ebenso ist ausdrücklich auf die in der DSGVO verankerte Rechenschaftspflicht der
Erstbeschwerdegegnerin – als Verantwortliche, hierzu weiter unten – hinzuweisen, gemäß Art. 5
Abs. 2 iVm Art. 24 Abs. 1 iVm Art. 28 Abs. 1 DSGVO geeignete technische und organisatorische
Maßnahmen einzusetzen, um sicherzustellen und den Nachweis dafür erbringen zu können, dass die
Verarbeitung (mithilfe eines Auftragsverarbeiters) gemäß der Verordnung erfolgt. Es handelt sich daher
um eine Bringschuld.
Hierzu zählt auch der Nachweis, dass eine Verarbeitung gerade nicht der Verordnung unterliegt. Ein
solcher wurde – trotz mehrfach eingeräumter Möglichkeiten – nicht erbracht.
- 29 –
Unabhängig vom Zweitbeschwerdegegner sind aber – und dies ist fallbezogen von größerer
Relevanz – die US-Behörden zu berücksichtigen:
Wie der Beschwerdeführer ebenso zutreffender Weise ausgeführt hat, nehmen Nachrichtendienste der
USA gewisse Online-Kennungen (wie die IP-Adresse oder einzigartige Kennnummern) als
Ausgangspunkt für die Überwachung von Einzelpersonen. So kann insbesondere nicht
ausgeschlossen werden, dass diese Nachrichtendienste bereits Informationen gesammelt haben, mit
deren Hilfe die hier übertragenen Daten auf die Person des Beschwerdeführers rückführbar sind.
Der Umstand, dass es sich hierbei nicht bloß um eine „theoretische Gefahr“ handelt, zeigt sich am Urteil
des EuGH vom 16. Juli 2020, C‑311/18, der aufgrund der Unvereinbarkeit solcher Methoden und
Zugriffsmöglichkeiten der US-Behörden mit dem Grundrecht auf Datenschutz gemäß Art. 8 EU-GRC
letztlich auch den EU-US-Angemessenheitsbeschluss („Privacy Shield“) für ungültig erklärt hat.
Insbesondere zeigt sich dies am – in den Sachverhaltsfeststellungen angeführten – Transparenzbericht
des Zweitbeschwerdegegners, der belegt, dass es zu Datenanfragen von US-Behörden an den
Zweitbeschwerdegegner
kommt.
Dabei
können
Metadaten
und
Inhaltsdaten
vom
Zweitbeschwerdegegner angefordert werden.
Zwar wird nicht verkannt, dass es der Erstbeschwerdegegnerin freilich nicht möglich ist, zu überprüfen,
ob es zu derartigen Zugriffen von US-Behörden im Einzelfall – also pro Website-Besucher – kommt
und welche Informationen US-Behörden bereits besitzen; umgekehrt kann dieser Umstand aber
betroffenen Personen, wie dem Beschwerdeführer, nicht zur Last gelegt werden. So war es letztlich die
Erstbeschwerdegegnerin als (damaliger) Websitebetreiberin, die – trotz Veröffentlichung des
genannten Urteils des EuGH vom 16. Juli 2020 – das Tool Google Analytics weiterhin eingesetzt hat.
Als weiteres Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass es sich bei den in den
Sachverhaltsfeststellungen unter C.9. angeführten Informationen (jedenfalls in Kombination) um
personenbezogene Daten gemäß Art. 4 Z 1 DSGVO handelt.
e) Rollenverteilung
Wie
bereits
ausgeführt,
hat
die
Erstbeschwerdegegnerin
als Website-Betreiberin
zum
beschwerdegegenständlichen Zeitpunkt die Entscheidung getroffen, das Tool „Google Analytics“ auf
der Website www.xyz.at zu implementieren. Konkret hat sie einen JavaScript Code („tag“), der seitens
des Zweitbeschwerdegegners zur Verfügung gestellt wird, im Quelltext ihrer Website eingefügt,
wodurch dieser JavaScript Code beim Besuch der Website im Browser des Beschwerdeführers
ausgeführt wurde. Die Erstbeschwerdegegnerin hat diesbezüglich ausgeführt, dass das genannte Tool
zum Zwecke von statistischen Auswertungen über das Verhalten der Websitebesucher eingesetzt wird
(vgl. Stellungnahme vom 16. Dezember 2020, Frage 2).
- 30 –
Dadurch hat die Erstbeschwerdegegnerin über „Zwecke und Mittel“ der mit dem Tool in Verbindung
stehenden Datenverarbeitung entschieden, weshalb diese (jedenfalls) als Verantwortliche iSd Art. 4
Z 7 DSGVO anzusehen ist.
Was den Zweitbeschwerdegegner betrifft, ist festzuhalten, dass sich der hier relevante
Beschwerdegegenstand (nur) auf die Datenübermittlung an den Zweitbeschwerdegegner in die USA
bezieht. Eine mögliche weitere Datenverarbeitung der in den Sachverhaltsfeststellungen unter C.9.
angeführten Informationen (durch Google Ireland Limited oder dem Zweitbeschwerdegegner) ist nicht
Beschwerdegegenstand und wurde somit auch nicht näher in diese Richtung ermittelt.
Was nun die Datenverarbeitungen im Zusammenhang mit dem Tool Google Analytics betrifft, ist
festzuhalten, dass der Zweitbeschwerdegegner dieses lediglich zur Verfügung stellt und auch keinen
Einfluss darauf hat, ob überhaupt und inwiefern die Erstbeschwerdegegnerin von den Toolfunktionen
Gebrauch macht und welche konkreten Einstellungen sie wählt.
Soweit der Zweitbeschwerdegegner daher Google Analytics (als Dienstleistung) nur bereitstellt, nimmt
dieser keinen Einfluss auf „Zwecke und Mittel“ der Datenverarbeitung und ist daher iSd Art. 4 Z 8
DSGVO fallbezogen als Auftragsverarbeiter zu qualifizieren.
Diese Überlegungen erfolgen unbeschadet eines weiteren amtswegigen Prüfverfahrens gemäß Art. 58
Abs. 1 lit. b DSGVO und unbeschadet der datenschutzrechtlichen Rolle des Zweitbeschwerdegegners
im Hinblick auf eine mögliche weitere Datenverarbeitung.
D.3. Spruchpunkt 2. b)
a) Anwendungsbereich von Kapitel V DSGVO
Zunächst ist zu überprüfen, ob die Erstbeschwerdegegnerin den in Kapitel V der Verordnung
normierten Pflichten unterliegt.
Gemäß Art. 44 DSGVO ist jedwede
„[…] Übermittlung personenbezogener Daten, die bereits
verarbeitet werden oder nach ihrer Übermittlung an ein Drittland oder eine internationale Organisation
verarbeitet werden sollen, […] nur zulässig, wenn der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter die
in diesem Kapitel niedergelegten Bedingungen einhalten und auch die sonstigen Bestimmungen dieser
Verordnung eingehalten werden; dies gilt auch für die etwaige Weiterübermittlung personenbezogener
Daten aus dem betreffenden Drittland oder der betreffenden internationalen Organisation an ein
anderes Drittland oder eine andere internationale Organisation. Alle Bestimmungen dieses Kapitels
sind anzuwenden, um sicherzustellen, dass das durch diese Verordnung gewährleistete Schutzniveau
für natürliche Personen nicht untergraben wird.“
In den „Leitlinien 5/2021 zum Verhältnis zwischen dem Anwendungsbereich von Art. 3 und den
Vorgaben für den Internationalen Datenverkehr gemäß Kapitel V DSGVO“ (aktuell noch in öffentlicher
- 31 –
Konsultation), hat der EDSA drei kumulative Voraussetzungen identifiziert, wann eine „Übermittlung an
ein Drittland oder eine internationale Organisation“ iSd Art. 44 DSGVO vorliegt (ebd. Rz 7):
-
der für die Verarbeitung Verantwortliche oder ein Auftragsverarbeiter unterliegt bei der
betreffenden Verarbeitung der DSGVO;
-
dieser für die Verarbeitung Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter („Datenexporteur“) legt
durch Übermittlung oder auf andere Weise personenbezogene Daten, die Gegenstand dieser
Verarbeitung sind, einem anderen für die Verarbeitung Verantwortlichen, einem gemeinsam
Verantwortlichen oder einem Auftragsverarbeiter, offen („Datenimporteur“);
-
der Datenimporteur befindet sich in einem Drittland oder ist eine internationale Organisation,
unabhängig davon, ob dieser Datenimporteur in Bezug auf die betreffende Verarbeitung gemäß
Art. 3 der DSGVO unterliegt oder nicht.
Die Erstbeschwerdegegnerin hat ihren Sitz in Österreich und war im beschwerdegegenständlichen
Zeitpunkt für den Betrieb der Website www.xyz.at datenschutzrechtliche Verantwortliche. Darüber
hinaus hat die Erstbeschwerdegegnerin (als Datenexporteurin) personenbezogene Daten des
Beschwerdeführers dadurch offengelegt, dass sie proaktiv das Tool Google Analytics auf ihrer Website
www.xyz.at implementiert hat und als direkte Folge dieser Implementierung u.a. eine Datenübermittlung
an den Zweitbeschwerdegegner (in die USA) stattfand. Schließlich hat der Zweitbeschwerdegegner in
seiner Eigenschaft als Auftragsverarbeiter (und Datenimporteur) seinen Sitz in den USA.
Da alle in den Leitlinien des EDSA dargelegten Voraussetzungen erfüllt sind, unterliegt die
Erstbeschwerdegegnerin als Datenexporteurin den Bestimmungen des Kapitels V der Verordnung.
b) Regelwerk von Kapitel V DSGVO
In weiterer Folge ist zu überprüfen, ob die Datenübermittlung in Einklang mit den Vorgaben von
Kapitel V DSGVO in die USA stattgefunden hat.
Kapitel V der Verordnung sieht drei Instrumente vor, um das von Art. 44 DSGVO geforderte
angemessene Schutzniveau für Datenübermittlungen an ein Drittland oder eine internationale
Organisation sicherzustellen:
-
Angemessenheitsbeschluss (Art. 45 DSGVO);
-
Geeignete Garantien (Art. 46 DSGVO);
-
Ausnahmen für bestimmte Fälle (Art. 49 DSGVO).
c) Angemessenheitsbeschluss
Der EuGH hat ausgesprochen, dass der EU-US Angemessenheitsbeschluss („Privacy Shield“) – ohne
Aufrechterhaltung seiner Wirkung – ungültig ist (vgl. das Urteil vom 16. Juli 2020, C‑311/18 Rz 201 f).
- 32 –
Die gegenständliche Datenübermittlung findet daher keine Deckung in Art. 45 DSGVO.
d) Geeignete Garantien
Wie sich aus den Sachverhaltsfeststellungen ergibt, haben die Beschwerdegegner am 12. August 2020
Standarddatenschutzklauseln (in Folge: SDK) gemäß Art. 46 Abs. 2 lit. c DSGVO für die Übermittlung
personenbezogener Daten in die USA abgeschlossen („Google Ads Data Processing Terms: Model
Contract Clauses, Standard Contractual Clauses for Processors“). Konkret handelte es sich zum
beschwerdegegenständlichen
Zeitpunkt
um
jene
Klauseln
in
der
Fassung
des
Durchführungsbeschlusses der Europäischen Kommission 2010/87/EU vom 5. Februar 2010 über
Standardvertragsklauseln für die Übermittlung personenbezogener Daten an Auftragsverarbeiter in
Drittländern nach der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 2010/39,
S. 5.
Im erwähnten Urteil vom 16. Juli 2020 hat der EuGH zwar ausgeführt, dass SDK als Instrument für den
Internationalen Datenverkehr dem Grunde nach nicht zu beanstanden sind, allerdings hat der EuGH
auch darauf hingewiesen, dass SDK ihrer Natur nach ein Vertrag sind und demnach Behörden aus
einem Drittstaat nicht binden können:
„Demnach gibt es zwar Situationen, in denen der Empfänger einer solchen Übermittlung in Anbetracht
der Rechtslage und der Praxis im betreffenden Drittland den erforderlichen Datenschutz allein auf der
Grundlage der Standarddatenschutzklauseln garantieren kann, aber auch Situationen, in denen die in
diesen Klauseln enthaltenen Regelungen möglicherweise kein ausreichendes Mittel darstellen, um in
der Praxis den effektiven Schutz der in das betreffende Drittland übermittelten personenbezogenen
Daten zu gewährleisten. So verhält es sich etwa, wenn das Recht dieses Drittlands dessen Behörden
Eingriffe in die Rechte der betroffenen Personen bezüglich dieser Daten erlaubt“ (ebd. Rz 126).
Eine nähere Analyse der Rechtslage der USA (als Drittland) kann an dieser Stelle jedoch unterbleiben,
da sich der EuGH mit dieser bereits im angeführten Urteil vom 16. Juli 2020 auseinandergesetzt
hat. Dabei ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass der EU-US Angemessenheitsbeschluss aufgrund
des
einschlägigen
Rechts
der
USA
und
der
Durchführung
von
behördlichen
Überwachungsprogrammen – u.a. gestützt auf Section 702 des FISA und die E.O. 12333 in Verbindung
mit der PPD-28 – kein angemessenes Schutzniveau für natürliche Personen gewährleistet (ebd.
Rz 180 ff).
Diese Überlegungen können auf den gegenständlichen Fall übertragen werden. So ist offenkundig,
dass der Zweitbeschwerdegegner als Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste im Sinne von
50 U.S.Code § 1881(b)(4) zu qualifizieren ist und somit der Überwachung durch US-Nachrichtendienste
gemäß 50 U.S.Code § 1881a („FISA 702”) unterliegt. Demnach hat der Zweitbeschwerdegegner die
Verpflichtung, den US-Behörden gemäß 50 U.S. Code § 1881a personenbezogene Daten zur
Verfügung zu stellen.
- 33 –
Wie sich aus dem Transparenzbericht („Transparency Report“) des Zweitbeschwerdegegners ergibt,
werden auch regelmäßig derartige Anfragen von US-Behörden an diesen gestellt (vgl.
https://transparencyreport.google.com/user-data/us-national-security?hl=en,
abgefragt
am
22. Dezember 2021).
Wenn nun aber bereits der EU-US Angemessenheitsbeschluss aufgrund der Rechtslage in den USA
für ungültig erklärt wurde, so kann fallbezogen nicht davon ausgegangen werden, dass der (bloße)
Abschluss von SDK ein angemessenes Schutzniveau nach Art. 44 DSGVO für die gegenständliche
Datenübermittlung gewährleistet.
Vor diesem Hintergrund hat der EuGH im angeführten Urteil vom 16. Juli 2020 auch festgehalten, dass
„[…] Standarddatenschutzklauseln ihrer Natur nach keine Garantien bieten können, die über die
vertragliche Verpflichtung, für die Einhaltung des unionsrechtlich verlangten Schutzniveaus zu sorgen,
hinausgehen […]“ und es „[…]
je nach der in einem bestimmten Drittland gegebenen Lage erforderlich
sein [kann], dass der Verantwortliche zusätzliche Maßnahmen ergreift, um die Einhaltung dieses
Schutzniveaus zu gewährleisten“ (ebd. Rz 133).
Die gegenständliche Datenübermittlung kann daher nicht allein auf die zwischen den
Beschwerdegegnern abgeschlossenen Standarddatenschutzklauseln gemäß Art. 46 Abs. 2 lit. c
DSGVO gestützt werden.
e) Allgemeines zu „zusätzliche Maßnahmen“
In seinen „Empfehlungen 01/2020 zu Maßnahmen zur Ergänzung von Übermittlungstools zur
Gewährleistung des unionsrechtlichen Schutzniveaus für personenbezogene Daten“ hat der EDSA
festgehalten, dass für den Fall, dass das Recht des Drittlands sich auf die Wirksamkeit von geeigneten
Garantien (wie etwa SDK) auswirkt, der Datenexporteur die Datenübermittlung entweder auszusetzen
oder zusätzliche Maßnahmen („supplementary measures“) zu implementieren hat (ebd. Rz 28 ff sowie
Rz 52).
Solche „zusätzliche Maßnahmen“ im Sinne des Urteils des EuGH vom 16. Juli 2020 können laut den
Empfehlungen des EDSA vertraglicher, technischer oder organisatorischer Art sein (ebd. Rz 47):
Im Hinblick auf vertragliche Maßnahmen wird festgehalten, dass
diese „[…] die Garantien, die das
Übermittlungsinstrument und die einschlägigen Rechtsvorschriften im Drittland bieten, ergänzen und
verstärken, soweit die Garantien, unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände der Übermittlung, nicht
alle Voraussetzungen erfüllen, die erforderlich sind, um ein Schutzniveau zu gewährleisten, das dem
in der EU im Wesentlichen gleichwertig ist. Da die vertraglichen Maßnahmen ihrer Art nach die
Behörden des Drittlands im Allgemeinen nicht binden können, wenn diese nicht selbst Vertragspartei
sind, müssen sie mit anderen technischen und organisatorischen Maßnahmen kombiniert werden, um
das erforderliche Datenschutzniveau zu gewährleisten. Nur weil man eine oder mehrere dieser
- 34 –
Maßnahmen ausgewählt und angewendet hat, bedeutet das noch nicht unbedingt, dass systematisch
sichergestellt ist, dass die vorgesehene Übermittlung den unionsrechtlichen Anforderungen
(Gewährleistung eines im Wesentlichen gleichwertigen Schutzniveaus) genügt“ (ebd. Rz 93)
.
Zu organisatorischen Maßnahmen wird ausgeführt, dass es sich
„[…] um interne Strategien,
Organisationsmethoden
und
Standards
handeln
[kann],
die
die
Verantwortlichen
und
Auftragsverarbeiter bei sich selbst anwenden und den Datenimporteuren in Drittländern auferlegen
könnten. […] Je nach den besonderen Umständen der Übermittlung und der durchgeführten
Beurteilung der Rechtslage im Drittland sind organisatorische Maßnahmen zur Ergänzung der
vertraglichen und/oder technischen Maßnahmen erforderlich, um sicherzustellen, dass der Schutz der
personenbezogenen Daten dem in der EU gewährleisteten Schutzniveau im Wesentlichen gleichwertig
ist (ebd. Rz 122).
Zu technischen Maßnahmen wird ausgeführt, dass durch diese sichergestellt werden soll, dass
„[…]
der Zugang der Behörden in Drittländern zu den übermittelten Daten die Effektivität der in Artikel 46
DSGVO aufgeführten geeigneten Garantien nicht untergräbt. Selbst wenn der behördliche Zugriff mit
dem Recht im Land des Datenimporteurs in Einklang steht, sind diese Maßnahmen in Betracht zu
ziehen, wenn der behördliche Zugriff über das hinausgeht, was in einer demokratischen Gesellschaft
eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme darstellt. Diese Maßnahmen zielen darauf ab,
potenziell rechtsverletzende Zugriffe auszuschließen, indem sie die Behörden daran hindern,
betroffene Personen zu identifizieren, Informationen über sie zu erschließen, sie in anderen Kontexten
zu ermitteln oder die übermittelten Daten mit anderen Datensätzen im Behördenbesitz zu verknüpfen,
die unter anderem Daten über Online-Kennungen der Geräte, Anwendungen, Tools und Protokolle
enthalten, die die betroffenen Personen in anderen Zusammenhängen benutzt haben (ebd. Rz 74)
.
Schließlich hat der EDSA festgehalten, dass derartige „zusätzlichen Maßnahmen“ nur dann als effektiv
im Sinne des Urteils vom 16. Juli 2020 zu betrachten sind
, „[…] sofern und soweit die Maßnahme genau
die Rechtsschutzlücken schließt, die der Datenexporteur bei seiner Prüfung der Rechtslage im Drittland
festgestellt hat. Sollte es dem Datenexporteur letztendlich nicht möglich sein, ein im Wesentlichen
gleichwertiges Schutzniveau zu erzielen, darf er die personenbezogenen Daten nicht übermitteln“ (ebd
.
Rz 70).
Umgelegt auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass zu untersuchen ist, ob die „zusätzlich
getroffenen Maßnahmen“ des Zweitbeschwerdegegners die im Rahmen des EuGH-Urteils vom
20. Juni 2020 aufgezeigten Rechtsschutzlücken – also die Zugriffs- und Überwachungsmöglichkeiten
von US-Nachrichtendiensten – schließen.
- 35 –
f) „Zusätzliche Maßnahmen“ des Zweitbeschwerdegegners
Der Zweitbeschwerdegegner hat nun zusätzlich zum Abschluss der SDK diverse Maßnahmen
implementiert (vgl. dessen Stellungnahme vom 9. April 2021, Frage 28).
In Bezug auf die dargelegten vertraglichen und organisatorischen Maßnahmen ist nicht erkennbar,
inwiefern eine Benachrichtigung der betroffenen Person über Datenanfragen (sollte dies im Einzelfall
überhaupt zulässig sein), die Veröffentlichung eines Transparenzberichts oder eine „Richtlinie für den
Umgang mit Regierungsanfragen“ effektiv im Sinne der obigen Überlegungen sind. Ebenso ist unklar,
inwiefern die „sorgfältige Prüfung einer jeder Datenzugriffsanfrage“ eine effektive Maßnahme darstellt,
da der EuGH im genannten Urteil vom 20. Juni 2020 ausgesprochen hat, dass zulässige (also gemäß
dem Recht der USA legale) Anfragen von US-Nachrichtendiensten nicht mit dem Grundrecht auf
Datenschutz gemäß Art. 8 EU-GRC vereinbar sind.
Sofern die technischen Maßnahmen betroffen sind, ist ebenso nicht erkennbar – und wurde seitens der
Beschwerdegegner auch nicht nachvollziehbar erklärt –, inwiefern der Schutz der Kommunikation
zwischen Google-Diensten, der Schutz von Daten im Transit zwischen Rechenzentren, der Schutz der
Kommunikation zwischen Nutzern und Websites oder eine „On-Site-Security“ die Zugriffsmöglichkeiten
von US-Nachrichtendiensten auf der Grundlage des US-Rechts tatsächlich verhindern oder
einschränken.
Sofern der Zweitbeschwerdegegner in Folge auf Verschlüsselungstechnologien – etwa auf die
Verschlüsselung von „Daten im Ruhezustand“ in den Datenzentren – verweist, sind ihm erneut die
Empfehlungen 01/2020 des EDSA entgegenzuhalten. Dort wird nämlich ausgeführt, dass ein
Datenimporteur (wie der Zweitbeschwerdegegner), der 50 U.S. Code § 1881a („FISA 702”) unterliegt,
hinsichtlich der importierten Daten, die sich in seinem Besitz oder Gewahrsam oder unter seiner
Kontrolle befinden, eine direkte Verpflichtung hat, den Zugriff darauf zu gewähren oder diese
herauszugeben. Diese Verpflichtung kann sich ausdrücklich auch auf die kryptografischen Schlüssel
erstrecken, ohne die die Daten nicht lesbar sind (ebd. Rz 76).
Solange der Zweitbeschwerdegegner sohin selbst die Möglichkeit hat, auf Daten im Klartext
zuzugreifen, können die ins Treffen geführten technischen Maßnahmen nicht als effektiv im Sinne der
obigen Überlegungen betrachtet werden.
Der Zweitbeschwerdegegner führt als weitere technische Maßnahme ins Treffen, dass soweit
„[…]
Google Analytics Daten zur Messung durch Website-Besitzer personenbezogene Daten sind, […] sie
als pseudonym betrachtet werden“ müssten (vgl. dessen Stellungnahme vom 9. April 2021, S. 26).
Dem ist jedoch die überzeugende Ansicht der Deutschen Datenschutzkonferenz entgegenzuhalten,
wonach
„[…] die Tatsache, dass die Nutzer etwa über IDs oder Kennungen bestimmbar gemacht
werden, keine Pseudonymisierungsmaßnahme i. S. d. DSGVO darstellt. Zudem handelt es sich nicht
- 36 –
um geeignete Garantien zur Einhaltung der Datenschutzgrundsätze oder zur Absicherung der Rechte
betroffener Personen, wenn zur (Wieder-)Erkennung der Nutzer IP-Adressen, Cookie-IDs, Werbe-IDs,
Unique-User-IDs oder andere Identifikatoren zum Einsatz kommen. Denn, anders als in Fällen, in
denen Daten pseudonymisiert werden, um die identifizierenden Daten zu verschleiern oder zu löschen,
so dass die betroffenen Personen nicht mehr adressiert werden können, werden IDs oder Kennungen
dazu genutzt, die einzelnen Individuen unterscheidbar und adressierbar zu machen. Eine
Schutzwirkung stellt sich folglich nicht ein. Es handelt sich daher nicht um Pseudonymisierungen i. S. d.
ErwGr 28, die die Risiken für die betroffenen Personen senken und die Verantwortlichen und die
Auftragsverarbeiter bei der Einhaltung ihrer Datenschutzpflichten unterstützen“ (vgl. die
Orientierungshilfe der Aufsichtsbehörden für Anbieter von Telemedien aus März 2019, S. 15).
Darüber hinaus ist dem Vorbringen des Zweitbeschwerdegegners auch deshalb nicht zu folgen, weil
die Google Analytics Kennung – wie oben ausgeführt – ohnedies mit weiteren Elementen kombiniert
und sogar mit einem dem Beschwerdeführer unstrittig zuzurechnenden Google Account in Verbindung
gebracht werden kann.
Die angesprochene „Anonymisierungsfunktion der IP-Adresse“ ist fallbezogen nicht von Relevanz, da
diese – wie ebenfalls oben ausgeführt – nicht korrekt implementiert wurde. Abgesehen davon ist die
IP-Adresse ohnedies nur eines von vielen „Puzzleteilen“ des digitalen Fußabdrucks des
Beschwerdeführers.
Als weiteres Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die gegenständlichen „zusätzlichen
Maßnahmen“ nicht effektiv sind, da diese die im Rahmen des Urteils des EuGH vom 20. Juni 2020
aufgezeigten Rechtsschutzlücken – also die Zugriffs- und Überwachungsmöglichkeiten von US-
Nachrichtendiensten – nicht schließen.
Die gegenständliche Datenübermittlung findet somit auch keine Deckung in Art. 46 DSGVO.
D.4. Spruchpunkt 2. c)
a) Zu Art. 49 DSGVO
Laut eigenen Angaben der Erstbeschwerdegegnerin war die Ausnahmeregelung gemäß Art. 49
DSGVO für die gegenständliche Datenübermittlung nicht von Relevanz (vgl. die Stellungnahme vom
16. Dezember 2020).
Eine Einwilligung gemäß Art. 49 Abs. 1 lit. a DSGVO wurde nicht eingeholt. Für die
Datenschutzbehörde ist auch nicht erkennbar, inwiefern ein sonstiger Tatbestand von Art. 49 DSGVO
erfüllt sein soll.
Die gegenständliche Datenübermittlung kann daher auch nicht auf Art. 49 DSGVO gestützt werden.
- 37 –
b) Ergebnis
Da
für
die
gegenständliche
Datenübermittlung
der
Erstbeschwerdegegnerin
an
den
Zweitbeschwerdegegner (in den USA) kein angemessenes Schutzniveau durch ein Instrument von
Kapitel V der Verordnung gewährleistet wurde, liegt eine Verletzung von Art. 44 DSGVO vor.
Die Erstbeschwerdegegnerin war (jedenfalls) zum beschwerderelevanten Zeitpunkt – also dem 14.
August 2020 – für den Betrieb der Website www.xyz.at verantwortlich. Der hier relevante
datenschutzrechtliche Verstoß gegen Art. 44 DSGVO ist daher der Erstbeschwerdegegnerin
zuzurechnen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
D.5. Zu den Abhilfebefugnissen
Nach Auffassung der Datenschutzbehörde kann das Tool Google Analytics (jedenfalls in der Version
vom 14. August 2020) somit nicht in Einklang mit den Vorgaben von Kapitel V DSGVO genutzt werden.
Da die Zuständigkeit für den Betrieb der Website www.xyz.at im Laufe des Beschwerdeverfahrens
(allerdings erst nach dem 14. August 2020) auf die XYZ123 GmbH mit Sitz in Musterstadt
übergegangen und Google Analytics im Entscheidungszeitpunkt weiterhin implementiert ist, wird die
Datenschutzbehörde hinsichtlich der (möglichen) Inanspruchnahme der Abhilfebefugnisse gemäß Art.
58 Abs. 2 DSGVO den Fall an die zuständige deutsche Aufsichtsbehörde herantragen.
D.6. Spruchpunkt 3
Zu überprüfen ist, ob auch der Zweitbeschwerdegegner (als Datenimporteur) den in Kapitel V der
Verordnung normierten Pflichten unterliegt.
Ausgehend von den bereits oben angeführten Leitlinien 5/2021 des EDSA ist erneut festzuhalten, dass
eine Übermittlung an ein Drittland oder eine internationale Organisation“ iSd Art. 44 DSGVO nur dann
vorliegt, wenn u.a. der für die Verarbeitung Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter (Datenexporteur)
durch Übermittlung oder auf andere Weise personenbezogene Daten, die Gegenstand dieser
Verarbeitung sind, einem anderen für die Verarbeitung Verantwortlichen, einem gemeinsam
Verantwortlichen oder einem Auftragsverarbeiter (Datenimporteur), offenlegt.
Diese Voraussetzung trifft im vorliegenden Fall nicht auf den Zweitbeschwerdegegner zu, da dieser (als
Datenimporteur) die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers nicht offenlegt, sondern sie
- 38 –
(nur) erhält. Mit anderen Worten: Die Vorgaben von Kapitel V DSGVO sind vom Datenexporteur, nicht
jedoch vom Datenimporteur einzuhalten.
Nicht übersehen wird die Argumentation des Beschwerdeführers, dass eine Datenübermittlung
notwendigerweise einen Empfänger voraussetzt und dass der Zweitbeschwerdegegner (jedenfalls aus
technischer Sicht) Teil der Datenübermittlung ist. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass sich die
datenschutzrechtliche Verantwortung bei einem Verarbeitungsvorgang (aus rechtlicher Sicht) trotzdem
„teilen“ lässt, es also je nach der Phase des Verarbeitungsvorgangs einen unterschiedlichen Grad der
Verantwortung geben kann (vgl. die Leitlinien 7/2020 des EDSA zum Konzept von Verantwortlichen
und Auftragsverarbeitern, Rz 63 ff mwN).
Eine Verletzung von Art. 44 DSGVO durch den Zweitbeschwerdegegner liegt nach Auffassung der
Datenschutzbehörde daher nicht vor.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass zur Frage der (möglichen) Verletzung von Art. 5 ff iVm
Art. 28 Abs. 3 lit. a und Art. 29 DSGVO durch den Zweitbeschwerdegegner mit einem weiteren
Bescheid abgesprochen wird.