Ref. Ares(2025)1112214 - 12/02/2025
EUROPÄISCHE KOMMISSION
JURISTISCHER DIENST
Der Generaldirektor
Per E-Mail
Herr Marvin Hell
ask+request-15478-
xxxxxxxx@xxxxxxxx.xxx
Antrag auf Zugang zu Dokumenten
Ihr Antrag vom 27. Januar 2025, registriert unter dem Aktenzeichen EASE 2025/0456
Sehr geehrter Herr Hell,
ich beziehe mich auf Ihren Antrag nach der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den
Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der
Kommission
1, mit dem Sie Zugang zu den Stellungnahmen der Europäischen Kommission
in der Rechtssache C-406/22
2 beantragen.
1.
PRÜFUNG
Nach einer eingehenden Prüfung der Stellungnahmen der Kommission muss ich Ihnen
leider mitteilen, dass der Zugang nicht gewährt werden kann, da die entsprechenden
Dokumente nach der Ausnahmeregelung des Artikels 4 Absatz 2 zweiter Gedankenstrich
(„Schutz von Gerichtsverfahren“) der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 geschützt werden
müssen.
In Artikel 4 Absatz 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 ist
folgende Ausnahme vorgesehen: „Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument,
durch dessen Verbreitung … der Schutz von Gerichtsverfahren [beeinträchtigt würde] …,
es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.“
Der Zweck der Ausnahmeregelung zum Schutz von Gerichtsverfahren besteht darin, die
Unabhängigkeit der Organe der Europäischen Union bei Verfahren vor dem Gericht zu
wahren und eine geordnete Rechtspflege sowie rechtliches Gehör der Verfahrensbeteiligten
zu gewährleisten.
In dieser Hinsicht hat der Gerichtshof in seinem Urteil in den verbundenen
Rechtssachen C-514/07 P, C-528/07 P und C-532/07 P anerkannt, dass eine Vermutung
besteht, dass die Offenlegung der in einem anhängigen Verfahren beim Gerichtshof
eingereichten Schriftsätze den Schutz dieses Verfahrens beeinträchtigt
3. Der Gerichtshof
hat ferner festgestellt, dass nach Abschluss des Verfahrens nicht mehr davon auszugehen
1 Amtsblatt L 145 vom 31.5.2001, Seite 43.
2
Urteil des Gerichtshofs vom 4. Oktober 2024, Ministerstvo vnitra České republiky, Odbor azylové a
migrační politiky, C-406/22, ECLI:EU:C:2024:841.
3 Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 2010, verbundene Rechtssachen C-517/07 P, C-528/07 P und
C-532/07 P, Schweden u. a./API und Kommission, EU:C:2010:541, Rn. 94.
ist, dass die Offenlegung der Schriftsätze die Rechtsprechungstätigkeit des Gerichtshofs
beeinträchtigt
4.
Der Gerichtshof hat jedoch eingeräumt, dass sich aus der Offenlegung von Schriftsätzen,
die ein abgeschlossenes, aber mit einem anderen Verfahren zusammenhängendes Verfahren
betreffen, die Gefahr einer Beeinträchtigung des anhängigen Verfahrens ergeben könnte
5.
Im vorliegenden Fall ist das Verfahren in der Rechtssache C-406/22 durch das Urteil des
Gerichtshofs vom 4. Oktober 2024 abgeschlossen worden. Sie hängt jedoch mit den
folgenden, noch beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen zusammen: C-750/24
6,
C-758/24
7, C-759/24
8, C-388/24
9, C-389/24
10, C-763/24 PPU
11, C-764/24 PPU
12,
C-780/24 PPU
13, C-781/24 PPU
14, C-782/24 PPU
15, C-783/24 PPU
16, C-784/24 PPU
17,
C-785/24 PPU
18 und C-786/24 PPU
19.
Das Vorbringen der Kommission in ihren Schriftsätzen in der Rechtssache C-406/22 steht
in sehr engem Zusammenhang mit den in den anhängigen Rechtssachen erörterten Fragen.
Die Offenlegung des angeforderten Dokuments würde somit den Grundsatz der
Waffengleichheit, die geordnete Rechtspflege sowie das rechtliche Gehör der
Verfahrensbeteiligten beeinträchtigen.
Die Kommission kann daher keinen Zugang zu dem angeforderten Dokument gewähren.
2.
MÖGLICHKEIT EINER TEILWEISEN OFFENLEGUNG
Ich habe die Möglichkeit geprüft, Ihnen einen teilweisen Zugang zu dem betreffenden
Dokument nach Artikel 4 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 zu gewähren. Nach
sorgfältiger Prüfung bin ich jedoch zu dem Schluss gelangt, dass es vollständig unter die
geltend gemachte Ausnahmeregelung fällt und deshalb eine umfassendere Offenlegung
derzeit ohne Beeinträchtigung des geschützten Interesses nicht möglich ist.
3.
ÜBERWIEGENDES ÖFFENTLICHES INTERESSE
Nach Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 gelten die Ausnahmen von
dem Recht auf Dokumentenzugang nicht, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse an
der Offenlegung des angeforderten Dokuments besteht. Ein überwiegendes öffentliches
Interesse an der Verbreitung liegt dann vor, wenn dieses Interesse erstens öffentlich und
zweitens überwiegend ist, d. h. es muss im vorliegenden Fall schwerer wiegen als die nach
Artikel 4 Absatz 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001
geschützten Interessen. Im vorliegenden Fall sehe ich keine Hinweise darauf, dass ein
überwiegendes öffentliches Interesse an der Offenlegung des angeforderten Dokuments
4 Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 2010, verbundene Rechtssachen C-514/07 P, C-528/07 P und
C-532/07 P,
Schweden/API
und
Kommission,
API/Kommission
sowie
Kommission/API,
EU:C:2010:541, Rn. 130 und 131.
5 Ebenda, Rn. 132.
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CURIA – Ergebnisliste.
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besteht, das schwerer wiegen würde als das öffentliche Interesse am Schutz von
Gerichtsverfahren.
4.
RECHTSBEHELFSBELEHRUNG
Sollte Ihnen an einer Überprüfung dieses Standpunktes gelegen sein, so können Sie binnen
15 Arbeitstagen nach Erhalt dieses Schreibens beim Generalsekretariat der Kommission unter
der nachstehenden Anschrift schriftlich einen Zweitantrag stellen:
Europäische Kommission
Generalsekretariat
Transparenz, Dokumentenmanagement & Zugang zu Dokumenten (SG.C.1)
BERL 7/076
B-1049 Brüssel
oder per E-Mail an:
xxxxxxxxxx@xx.xxxxxx.xx
Mit freundlichen Grüßen
[elektronische Unterschrift]
Daniel Calleja
Elektronisch unterzeichnet am 12/02/2025 13:21 (UTC+01) ) gemäß Artikel 11 des Beschlusses (EU) 2021/2121 der Kommission
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